…vergraben, verbuddeln, vergessen

Vor 31 Jahren wurde in der Nähe von Gor­leben die  Republik freies Wendland ausge­rufen. Damals war Christoph zwar erst 3 Jahre alt, aber er war dabei: „Meine Mutter hat mich mit dort hingenommen.“ Im Widerstand gegen ein geplantes Atom­mülllager vereint, haben Atomkraft-Gegner  ein provisorisches Hüttendorf er­richtet, das selbstverständlich ohne Atom­strom ausgekommen ist.
Basisdemokratisch ging es zu, und einen eigenen Pass bekam, wer Bürger der freien Republik wurde. Gesinnung ist nicht auf einen Ort zu begrenzen, und so hatte der Pass Gültigkeit im ganzen Universum. Auch Christoph besitzt einen, und heute ist er selbst aktiver Atomkraftgegner. Von einem Endlager für radioaktiven Abfall im Salz­stock bei Gorleben hält er gar nichts: „Vergraben, verbuddeln, vergessen, das ist so die Mentalität. Und da wird mit einer Materie umgegangen, die überhaupt keiner kontrollieren kann.“

Über den Widerstand gegen das Atom­mülllager in Gorleben, und das ca. 4 wöch­ige Bestehen des 110 Hütten umfassenden Dorfes gibt es einen Dokumentarfilm „Der Traum von einer Sache“. Das bereits ge­drehte Material wurde kurz vor der sich abzeichnenden Räumung aus der Republik geschafft, aber auch bei der Räumung selbst wurde gefilmt. Christoph erzählt, dass er immer Gänsehaut bekommt, wenn er den (beinahe 2 stündigen) Film sieht. Deutlich kürzer sind der obige Beitrag des NDR, und ein Bericht von Deutsche Welle TV. Fotos von damals gibt es hier.

Das ganze Universum kann übrigens bis­weilen recht überschaubar sein. Am Freitag abend habe ich Christoph nämlich schon mal fotografiert, aber eher neben­bei, und ohne Absicht.  Auch er war zu Gast bei Hug me heimlich, wo ich ein wenig in die Runde geknipst hab.
Am Samstagnachmittag schon sehe ich ihn dann in Ehrenfeld wieder, und haste ihm hinterher: „Ich bin gerade zum Pflaumen­kuchen backen verabredet.“ sagt er, als ich frage ob ich ihn diesmal für meinen Blog fotografieren darf. Christoph ist an der Elbe groß geworden, er tägt eine Original Veddel-Hose, ist gelernter Tischler und hat einen eigenen Fundus; und zwar ganz in der Nähe von Gorleben: „Ich hab immer wieder als Baubühne und Requisiteur für Filme gearbeitet, und dann hatte ich die Idee mit dem Fundus.“ Momentan lebt er allerdings in Köln: „Seit einem Jahr. Und ich glaub‘, ich bleibe noch ein bisschen hier.“

Nachtrag: mit hängenden Ohren muss ich gestehen, dass hier etwas nicht stimmt: Christoph war noch gar nicht auf der Welt, als das Dorf gebaut wurde. Wohl aber hat er einen Pass der Republik. Und seine Mutter hat ihn auch mit dort mit hingenommen. Allerdings erst später, da hab ich falsch mitgerechnet…wofür ich mich entschuldigen möchte, kurz bevor ich dann versinke. Im Boden nämlich.

 

31.07.2011

4 Comments

  • Klickerklacker sagt:

    Hat dir eigentlich mal jemand gesagt, dass du ein tolles Talent für Überschriften hast? Habe mal wieder so durchgescrollt und fand das…

    Cooler Typ und Coole Hose. Ich finds ja anmaßend wenn Nichthandwerker die anhaben. Aber der Christoph darf das. Auch abends.

  • xetto. sagt:

    ich mag den Blog wahnsinnig!
    Hab ihn grade erst entdeckt.

  • Oona sagt:

    In Köln würde ich auch noch ein bißchen bleiben :O)

  • smilla sagt:

    @klickerklacker, ja, das hat tatsächlich schon mal jemand zu mir gesagt, ist aber schon ne ganze lange weile her…
    anmaßend find ich das nun nicht, aber nicht s richtig 'echt', das schon.

    xetto, danke sehr 😉

    oona, bist du nicht aus bremen? da is' doch auch schön…

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