Bei Einbruch der Dunkelheit kommt mir mit flinken Schritten Frau S. entgegen. Auch wenn sich hier das Pflaster eisfrei zeigt, kaum einen Meter weiter wird der Weg zur Rutschpartie. „Ich hab mal Judo gemacht, ich kann also gut fallen. Aber das muss ja nicht sein.“ sagt Frau S. Das mit dem Judo ist schon eine Weile her; das war in den 60iger Jahren: „Ich wollte mir selbst helfen können, deswegen habe ich damit angefangen. Ich hab es aber fast nie gebraucht.“ Einmal wurde sie an ihrere Haustür bedrängt: „Da konnt ich mich auch ohne Judo wehren. Aber es gibt einem Selbstbewußtsein und Sicherheit.“ Frau S. ist heute 86 Jahre alt, und jetzt ist ihr Sport das Kanufahren: „Ich bin im Verein, und ich bin eine der ältesten Kanuten dort. Die wollen mir immer viel mehr helfen da als mir lieb ist.“ Im Winter macht sie Pause, ihre Finger werden zu schnell kalt. Ansonsten ist sie einmal die Woche in ihrem Kanu auf den Flüssen in der Umgebung unterwegs. Weiter geht’s…
In the gathering darkness Mrs. S. nimbly comes my way. Even though the street seems to be clear of snow, a few steps away you’d slide all over the place. „I used to practice judo, so I know how to fall, but it’s not really necessary, is it?“ Mrs. S. says. Her judo era is yet a while ago, it was back then in the 60ies: „I wanted to learn self-defense, so I signed in. But I nearly never had to make use of it.“ Once she was pressed hard at her frontdoor: „But I could manage that without judo. Anyway, it increases your self-convidence.“ Mrs. S. is 86 years old now, and her present sport is canoeing: „I’m one of the oldest canoeists at the club, and they always tend to help me more than I want them to.“ During winter-time she takes her time out, her fingers start to freeze too soon. At other times she’s out with her canoe at least once a week, paddling the rivers in the immediate vicinity. Please follow…
Frau S. hat bis zu ihrem 70sten Lebensjahr gearbeitet, sie war in der EDV tätig. Auf dem 2. Bildungsweg hat sie Wirtschaft und Politik studiert: „Ich habe mich immer sehr für die Rechte der Frau in der Arbeit interessiert. Es beschäftigt mich, wie wenig Wert der Arbeit einer Frau oftmals zugebilligt wird.“ Momentan setzt sich Frau S. besonders mit dem Thema Zeitarbeit auseinander: „Ich habe da ein Seminar belegt an der Uni, und dort treffe ich ja viele junge Menschen. Die sind mit einer ganz anderen Arbeitswelt konfrontiert heutzutage. Da kann ich ganz unterschiedliches beobachten; einige kenne ihre Rechte sehr gut, und ihren Wert. Andere lassen sich alles gefallen, und fordern nichts.“
Seit vielen Jahren ist Frau S. Gasthörerin an der Uni: „Das steigert die Lebensqualität.“ Was genau sie meint, frage ich: „Na, teilnehmen.“
Seit vielen Jahren ist Frau S. Gasthörerin an der Uni: „Das steigert die Lebensqualität.“ Was genau sie meint, frage ich: „Na, teilnehmen.“
Die Tunika hat sie übrigens selbst gestrickt, vor vielen Jahren. Es gibt auch eine passende Mütze, aber da ist eine Bommel dran, und die gefällt ihr nun nicht mehr.
Mrs. S went to work till she turned 70, she used to be a computer consultant. Through evening classes she managed her study of economics and politics: „I’ve always been very interested in the rights of working women. I always wonder that womens work isn’t assessed at it’s true worth quite often.“ Currently Mrs. S is busy with the subject of temporary employment: „I visit a seminar at the university, and I meet a lot of young people there. They are confronted with completely different conditions of work than we formerly were . I notice varying states of consciousness: some are very conscientized, and they know about their worth. Some others put up with everything, without having demands.“
Since many years Mrs. S. is a guest auditor at the university: „It enhances my quality of living.“ I ask her what she excactly means by saying that: „Well, to take part.“
Since many years Mrs. S. is a guest auditor at the university: „It enhances my quality of living.“ I ask her what she excactly means by saying that: „Well, to take part.“
The tunic is self-knitted, by the way. She’s made it many years ago, and there is a corresponding cap, as well. But it has a pompom on top, and she doesn’t like that anymore.
Die Frau hat Klasse. sie erinnert mich an meine Mutter, die zwar noch nicht ganz so alt ist, aber immerhin mit ihren 80 Jahren auch noch ganz bewusst im Leben steht und nun eine größere Reise plant!
Dein Blick für besondere Menschen hat meinen Blick geschärft – Danke dafür!
A strong woman! She gives me courage. Her poncho must be 60s–big, bold, fringed with stars. I like her forthright gaze.
Smilla, you too are out there, taking part.
Oh, pompoms: there were once in style.
ist das jetzt eine Tunika oder doch eher ein Poncho? Material und Schnitt inklusive Fransen lassen mich auf Poncho tippen, wenn auch mit individueller Note (Reißverschluss, Ärmel)… egal, ich finde deine Fotos, ganz besonders in Kombi mit den Hintergrundgeschichten, immer sehr erfrischend und inspirierend. umsetzen kann ich die Inspirationen leider nur in Maßen, weil mein Job ein eher seriöses Outfit verlangt. schön, dass es so viele Menschen gibt, die davon frei sind – und damit meine ich nicht nur die in deinem Blog so häufig anzutreffenden Studis, Künstler/innen und Rentner/innen. hoffentlich lebt der Blog noch lange!!!
Vielen Dank für die immer neuen Einblicke in die Lebenssituationen anderer Leute, die man auf offener Straße im Tagesgeschäft vielleicht gar nicht beachten würde. Dieses Blog zu lesen, hilft einem, die Welt und die Menschen umher mit ganz anderen Augen zu sehen. Es verändert mich!
"Na, teilnehmen."
JAA!!1elf <3
OT bzgl. 'kulissenteam':
vielleicht fallen dir auch leute besonders in 'harmonischem' hintergrund auf? paßt nämlich schon wieder so gut :).
Rebhuhn, mmh…all diese abkürzungen, die ich nicht verstehe…
also, nein, ich muss dich enttäuschen, ich hab die dame direkt dort um die ecke am eingang eines Kaufhauses getroffen.
Anschliessend habe ich mein Kulissenteam herumkommandiert, und die haben mal eben die Wand hochgezogen. Mit strenger Hand geführt snd die zu unglaublichem fähig. Übrigens alles Zeit- und Leiharbeiter, die entweder ein Praktikum bei mir machen oder schlecht bezahlt werden. Fröhliche Weihnachten.
Pyrgus, das ist ein tolles Kompliment, vielen Dank!
Auch dir Piri. Und deiner Miutter alles gute für die Reise..
La berlinoise, mmh, gute Frage, ein Ponche hat keine Ärmel, aber Tunika triffts auch nicht richtig, umal ja irgendwie alles Tunika heisst, in den letzten Jahren. Mir fiel nix besseres ein… Ich hab gerade einen interessanten Artikel gelesen, dass sich angeblich auch die "seriöse Berufskleidung" casualisiert, aber mein Eindruck ist, dass das bislang hauptsächlich für eher kreative Berufe gilt, bzw Berufe die zum Beispiel nicht dem Banken oder Versicherungswesen angehören.
Mim, you're right; I do too. Pompons still are in style.. I spot many of them on the streets..
Was für eine bewundernswerte Frau! 🙂
Tolle Frau, Respekt!
!!!1elf steht für übereifer, <3 ist ein herz und ot off topic. bzgl. kennste? 😉
dir auch schöne weihnachten und 'nen guten rutsch!
Ooh, wir hatten im Vorkurs bevor ich mein Studium angefangen habe einen alten Mann, der auch Gasthörer war, der war total cool. Hat ständig die Vorlesung aufgemischt und nicht selten nach der Pause übernommen, das Thema als langweilig verworfen und irgendein tolles Anwendungsbeispiel aus seinem Leben gebracht ("Wie funktioniert Schwerhörigkeit?"). Das war klasse. 🙂
Und: Judo!! Der Typ der den freien Fall ("Durchreißer") vormacht kann das bestimmt gut… wenn man die Technik versaut, ist die leider echt schmerzhaft, aber ist ja auch eigentlich als Nothilfe gedacht wenn man sonst auf den Kopf fallen würde oder so.
Smilla, verstehe ich das richtig, die Wand vor der die Dame steht hat dein Team als Kulisse dabei gehabt? Ich werde immer neugieriger was du außer fotografieren so machst. Oh und was rebhuhns Abkürzungen angeht… OT ist Offtopic, das !!11ELF ist einfach nur Schrott und dass <3 ein Herzchen ist weißt du sicher. 😉
wir wünschen dir ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
shadownlight und photoshadownlight
Konzertheld; das mit dem Kulissenteam ist natürlich ein Witz 🙂 Aber schöne Vorstellung mit so einem Troß im Schlepptau durch die gegend zu ziehen, die mal eben alles mögliche hinstellen. Aber ich glaube, dann würds noch mal anders aussehen hier
Kann mir deine Gasthörerein übrigens lebhaft vorstellen :-), klingt toll und erfrischend unerschrocken
rebhuhn, jetz habbichet!
shdownlight; danke sehr und ebenso 🙂
Eine beeindruckende Frau! Dass man das Leben lebt, also "teilnimmt" und nicht nach "Altersetappen" einteilt, finde ich ermutigend. Mehr solche Gasthörinnen an die Unis!! (Wünsche ich mir) Dir wünsche ich schöne Festtage und einen rauschenden Rutsch! Elke
Eine tolle Frau – ein Vorbild für mich 🙂
So wie du die Leute abbildest und beschreibst, muss ich sie einfach lieben!