Am Ende des Tages ein Zebra

„Und, hast du schöne Fotos gemacht?“ fragt mich John Lennon in der Dämmerung. „Ne, ich hab nur Mist zusammenfotografiert.“ erwidere ich unfroh. John Lennon ist übrigens in Wahrheit Janis Joplin und irgendwie passt das zu meinem Tag: man sieht eben nur, was man sehen will. Oder kann. Janis Joplin kann ich nicht von John Lennon unterscheiden und im Karneval vermag ich keinen Frohsinn zu entdecken. Auf meinem diesjährigen Spaziergang durch die Kölner Weiberfastnacht weicht die Melancholie mir nicht von der Seite. Sie färbt meinen Blick und bremst meinen Schwung – also das bisschen, das mich überhaupt hat losziehen lassen. Und dann auch noch immerzu Regen.

In der Reihenfolge ihres Entstehens zeige ich nun also Fotos des gestrigen Tages. Die lückenhafte Zusammenhanglosigkeit darf als Indiz für meine innerliche Unentschlossenheit verstanden werden. Bis ich es schließlich getan habe, habe ich mich an der Frage abgearbeitet, ob ich nicht einfach wieder heimgehen soll.

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Ja, am Dom war ich auch. Es war selten so viel leere Treppe wie gestern. Erst recht an Karneval. Dafür war, wie angekündigt, reichlich Polizei unterwegs.
Insgesamt war es leer in den Straßen der Innenstadt. Wo sonst die eigenen Schritte über ein Meer aus Scherben zertretener kleiner Feigling Flaschen knirschen, war in diesem Jahr nicht nur mehr Platz, sondern auch weniger Müll.

Ich habe kaum jemanden angesprochen, dafür aber ein gelbes Pinkelmonster durch bloßes Anheben meiner Kamera verjagt.

Während die einen drinnen auch drin zu sein scheinen, sind andere drinnen offenbar draußen. Ich bin in diesem Jahr draußen draußen. Für solche Gedankengänge brauche ich übrigens keinen Alkohol.

Am Ende des verregneten Tages begegne ich einem Zebra. „Och, komm. So schlimm isses doch gar nicht.“ scheint es zu sagen.
05.02.2016

11 Comments

  • Liebe Smilla,
    stimmt, Melancholie zieht sich durch deine Bilder, was auch gut zum Schmuddelwetter passt. Trotzdem sind sie wieder echt schön geworden. Vor allem das Bild vor der Zahnklinik finde ich grandios!
    Liebe Grüße,
    Cordula
    P.S. Deine Gedanken um "Drinnen" und "Draußen" kann ich sehr gut nachvollziehen.

  • U.L. sagt:

    Ist es ein Trost, wenn aus Bayern dieselbe Form von Melancholie am gestrigen Tag berichtet werden kann? Bei dem Wetter, und den Zeiten… (Und vielleicht ist es doch ganz gut, draußen draußen zu sein. Gibt eben die Möglichkeit, eine andere Perspektive einzunehmen. Trotzdem (oder gerade deswegen?): Tolle Fotos! Glückwunsch.

  • Stefanie S. sagt:

    Am besten gefällt mir das Zebra, habe dieses Tier noch nie als Kostüm gesehen…wie schön 🙂

  • Sally sagt:

    Ich spüre sie auch, die Melancholie und auch von meinen Kölner Freunden wurde mir ähnliches berichtet. WIr leben in schwierigen Zeiten und das kann wohl auch der Karneval nicht verdrängen. Dennoch hab ich mich wieder sehr über Deine wirklich richtig guten Fotos gefreut. Mein Favorit ist der Seemann in gelb, da scheint doch irgendwie die Sonne und ich muß lächeln. Ich hätte gerne noch mehr gesehen. Und vielleicht begleite ich Dich ja wirklich mal im nächsten Jahr, denn dann möchte ich unbedingt mal wieder dabei sein. Kölle alaaf aus Berlin!
    <3

  • Anonym sagt:

    mensch smilla, wie kann man aus so wenig noch so viel machen? welcome to the improv-team!! du bist grossartig. ich hätte gern nur noch dein kostüm gesehen. b

  • christine sagt:

    Was für schöne Bilder! Ja ein bisschen melancholisch ist die Stimmung schon…. alles wird gut!
    LG
    Christine

  • Anna sagt:

    Seh' ich doppelt oder bist das wirklich zweimal Du auf dem ersten Foto? Ich hab's erst gerafft, als ich es eben mit dem gestern auf Facebook geposteten Foto verglichen habe…

  • Kerstin sagt:

    Wunderschön….trotz Melancholie und vielleicht auch wegen dieser….
    Auch das gehört zum Leben und ich freue mich, liebe Smilla, dass du trotzdem deinen Weg nach draußen ins wirklich ungemütliche gemacht hast! Vielen Dank dafür!

  • Janna sagt:

    …dem Zufall sei Dank bin ich – zufällig 😉 – auf diese Seite gekommen und bin BEGEISTERT! ich mag solche Fotos…aus anderen Perspektiven und mit besonderem Blick… – dankeschön…..

  • Anonym sagt:

    Liebe Smilla ! Gern besuche ich Ihre Seite, bisher immer als stille Leserin. Die Stimmung in Ihren Bildern an Altweiberfastnacht gefällt mir sehr gut und zaubert ein Lächeln. Es sind immer wieder Ihre ganz besonderen Schnappschüsse, die zum Nachdenken anregen. Menschen und Ihre Geschichten sind etwas besonderes, machen Sie bitte weiter so ! Vielen Dank !
    S. St.

  • Anonym sagt:

    Schöne Bilder! Und die Schönheit siegt für mich über die Melancholie. Nicht, dass Melancholie nicht auch seine Schönheit hätte. Ganz und gar hat sie das. Aber – wie immer eine Frage der Perspektive – mag die Fotografin melancholisch gewesen sein, doch die Menschen sind farbenfroh und heiter. Und die Tiere auch! Sagt zumindest meine Wahrnehmung. Mit einer Tasse Kaffee im Bett.

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