Wirtschaftsethik

…so lautet das Ehrenwort in dieser Woche, und ich selbst habe diesen sperrigen Begriff ausgerufen. Nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist mir dieses Wort nämlich, nachdem mir eine, dem ersten Eindruck nach, seriöse Marketingagentur aus Hamburg ein Angebot unter- breitet hat, von dem sie, wie ich fürchte, ernsthaft dachten, ich könne es nicht aus- schlagen. 6 Bilder wollten die emsigen Werber mir abkaufen, und für die uneingeschränkten (!) Nutzungsrechte haben sie mir pro Foto den oben abgebildeten Geld- wert geboten. In meiner Antwortmail, die ich nach einigem Überlegen schließlich doch geschrieben habe, ging es mir haupt- sächlich darum, meiner Fassungslosigkeit Ausdruck zu verleihen. Allerdings habe ich meinem Gesprächspartner noch empfohlen mal übliche Bildhonorare zu recherchieren und sich mit dem Thema Wirtschaftsethik zu befassen. Im angefügten Video sind die Fälle etwas anders gelagert, anhand derer das Thema Ethik in der Wirtschaft erörtert wird. Dennoch scheinen mir die Begrifflichkeiten bestens übertragbar. Ulf Posé, Präsident und Gründer des Ethikverbandes der deutschen Wirtschaft, spricht von neuer Unredlichkeit und dem fehlenden Bewusstsein für selbige. Ob in den Hamburger Köpfen ein solches Bewusstsein vorhanden ist, bzw. welche kruden Gedankengänge solch ein sittenwidriges Angebot ermöglichen, das würde mich ernsthaft interessieren. Auf mein Schreiben habe ich übrigens keine Antwort erhalten.
17.10.2010

17 Comments

  • Hallo Smilla, ich wurde auch schon mehrmals von Firmen gefragt, ob ich denn nicht umsonst auf Projektbasis für sie arbeiten könnte. "Wir können ja dann sehen, wie wir miteinander zurecht kommen…". Das ist skrupellos und wohl auch irgendwie sittenwidrig, ich fühle mich dadurch abgewertet. Die MitarbeiterInnen in besagten Firmen haben kein Gewissen und sind ganz einfach ignorant gegenüber den Gefühlen anderer. Auf meine Gegenfrage, ob sie auch für 'Luft' und lediglich aus Leidenschaft morgens in ihr Büro gehen, habe ich nie eine Antwort erhalten. Es bleibt ungeklärt, ob sie wirklich unentgetlich arbeiten oder es ihnen peinlich war. Liebe Grüße Dorothée

  • Tja, was soll man dazu sagen?

    Ich bin genau so fassungslos … und habe leider ähnliches auch schon selbst erlebt.
    Ich glaube auch, dass heute vielen das Gewissen oder die Moral "abhanden" gekommen sind. Wir haben durch unseren Shop so einige "nette" Mails bekommen,
    wo man sich am Kopf kratzt und fragt: ist das nur ein schlechter Witz oder meinen das diese Menschen tatsächlich ernst?
    Meist aber bleibt die Frage unbeantwortet, da ich solche Mails gleich lösche 😉

    Liebe Grüße, Anna

  • Es gibt aber leider noch genug Menschen, die dieses Spiel mitmachen, weil sie sich gebauchpinselt fühlen. Genau damit arbeiten diese ehrenwerten Geschäftsleute, Agenturen, Buchverlage etc. pp. Es passiert immer öfter der Anruf von diversen Verlagen die Hobbybücher rausbringen. Entsprechende Blogs werden durchstreift, eine Auswahl wird getroffen, die Leute angerufen, nach ihren Fotos und den Nutzungsrechten gefragt, die sie ohne weiteres bekommen. Als Gage gibt es dann das sowieso übliche Belegexemplar. Die Urheber freuts das sie in dem Buch abgelichtet sind…

    Keine fragt anscheinend nach Honoraren, keine weiß was ein Tageshonorar eines Fotografen kostet, keine weiß was ein Fotostudiotag kostet etc. . Genau mit dieser Ahnungslosigkeit gepaart mit "Eitelkeit" wird gearbeitet. Die Verlage kommen günstig dabei weg, ein Buch für zwei Seiten Fotos.

    Fragt man wie das ist mit dem Honorar und den Nutzungsrechten und nennt man Summen, wird das Gespräch schnell abgebrochen und es folgt "Man meldet sich wieder". Wenn nicht die, dann eben eine andere Dumme, genug davon gibt es ja.

    Schöner Beitrag, danke dafür.

    Beste Grüsse Doris

  • Klickerklacker sagt:

    @ Doris: genau, es gibt genügend Dumme.

    Solcherlei Gewurstel gibt es überall: Wenn der Hobbyfotograf ohne Fotostudio aber mit der "geiz ist geil"gekauften Kamera sein (unter Professionellen Gesichtspunkten halt nur mitteltolles) Foto für garnix "verkauft" und sich freut, veröffentlicht zu werden, ist die Entrüstung bei den Profis natürlich groß.

    Du sparst 2 Euro, wenn du heute beim Einkaufen nicht den Fairtrade-Kaffee kaufst…kleiner Bestechnungsversuch und nur kurz schlechtes Gewissen bei dir. Komm schon.
    Ausserdem ists auch viel zu anstrengend, alle kleinen Lädchen abzuklappern, lieber schnell zu Aldi!

    Wieso soll ich Geld für die Zeitung bezahlen, im Internet steht es doch umsonst.
    Software KAUFEN? es gibt doch Freeware.
    (da wundert man sich wirklich über die vielen Arbeitslosen)

    Nun sind auch bei der Fifa 2 aufgeflogen, die ihre Stimme verkaufen wollten (übrigens nicht der Holländische, sondern der tahitische und nigerianische Funktionär -die verdienen da mit Fußball natürlich ein klein bisschen weniger als unsere Jungs hier…die möchten doch auch einen guten Schnitt machen.)
    Oder: eine meiner Lieblingsunfassbarkeiten Ethischer Weise im letzten Jahr: Loveparade OB Sauerland, der seinen Rücktritt trotz 21 Toten noch nicht mal anbietet, weil er ja dann keine Pensionsansprüche mehr hat.
    die Liste ist Endlos

    Das Interessante am Artikel, die NEUE Unredlichkeit: Man merkt es schon gar nicht mehr, die/man/wir bekommen es schon nicht mehr mit, wenn wir (zB im Supermarkt)andere Menschen übervorteilen. Es wird immer einen geben, der billiger ist.
    Die Angemeierten sitzen auch gern auf einem anderern Kontinent und wir sehen das garnicht mehr. Da fehlt überall das Unrechtsempfinden, und meistens halt aus purer Unwissenheit. Und das zieht sich halt nun auch in die Moral/eigene Ethik rein.
    Schlechtes Gewissen: Tot!
    Wenn nicht ganz tot dann: Große Entrüstung allüberall. Wie kann der nur?

    Und die große Preisfrage:
    Wie entwickelt/erzieht man Rechtschaffenheit?

  • smilla sagt:

    Das ganze ist, denke ich, neben der "normalen" Wirtschaftswelt auch eine spezielle Bloggerproblematik. Dass Blogs als günstige Werbepartner, Werbeplattform erkannt wurden zeigen ja beispielsweise auch die Mode und Beautyblogs, wo gegen den Erhalt kleiner Töpfchen und Tigelchen oder einer Flasche Champagner Werbung gemacht wird, unentgeltlich versteht sich. Dann wird auch noch ganz ohne Aufforderung Werbung gemacht; all die Outfitposts die für alle mögliche Labels einfach durch Erwähnung Werbung sind..

    Da denkt sich so eine Werbeagebtur dann; och guck mal; die wird sich sicher freuen, ganz wie du das beschreibst Doris.

    Aber damit wird eine Branche unterwandert, und schlimmer noch; kreative Arbeit wird weder gewertschätzt noch entlohnt.

    Verantwortungsvolles Handeln bedeutet also auch Unter Preis-Angebote auszuschlagen.
    Oder den Einzelhandel zu fördern und da vielleicht ein paar Euro mehr zu zahlen. Mir geht diese Billigheimerei total auf die Nerven.
    Dinge kosten Geld, das ist einfach so, und mit Sparfuchs-Menatalität schadet man den falschen.

    Einen ganz interessanten Beitrag zum Thema Blogs und (unbezahlte)Werbung gab es kürzlich bei

    Blica

    und in einem "live" kommentar meinte jemand vorhin zu mir: "Die großen machens vor, die kleinen machens nach"
    Wobei mit den großen in diesem Fall die ganz großen gemeint sind, und als klein schon zB Werbeagenturen gelten..

    Und deine Frage Klickerklacker ist eine sehr gute, die ich nun im Kopf hin und herschieben werde.
    Kategorischer Imperativ??

  • UschaSu sagt:

    Anbieten darf man alles. Wenn niemand annimmt, hat sich das ganz schnell erledigt.

    Hat es aber nicht in einer Gesellschaft, die immer mehr zu einer Praktikanten-Billiglöhner-Gesellschaft verkommt. Rede die Menschen schlecht, nenne sie unfähig, ungebildet, faul, parasitär, irgendwann werden sie glauben, dass sie es sind. Stemple sie zu Versagern, dann wird es von Jahr zu Jahr leichter, sie als solche zu behandeln. Ein sich selbst verstärkender Prozess. Die Hoffnung, die viele Kleinen nährt, aus eigener Kraft etwas aufzubauen, weil sie keinen Platz im allgegenwärtigen Hamsterrad mehr haben oder haben wollen, wird in diesem Spiel perfide einkalkuliert.

    Dabei liegt es nicht mal am Wettbewerb. Angebot und Nachfrage funktionieren quasi naturgesetzlich. Es ist die Politik, verfilzt mit den Interessen der mächtigen Konzerne, die die Rahmenbedingungen falsch setzt. Es ist erschreckend, wie klein die Änderungen an den Stellschrauben bisweilen sein müssten, um beträchtliche Wirkungen zum Besseren zu entfalten. Aber damit würde man ja den "Leistungsträgern" weh tun …

    Ich fürchte sogar, es gibt genug Leute, die für 'Luft' und lau – mit und ohne Leidenschaft – morgens ins Büro gehen, auch in besagten Agenturen und Verlagen. Die Grenzen zwischen drinnen etabliert und draußen vogelfrei haben sich doch längst aufgelöst. Das ist die böse, böse Ironie der Geschichte!

  • Elke sagt:

    Zu Klickerklackers guter und "großer Preisfrage:
    Wie entwickelt/erzieht man Rechtschaffenheit?" – die ist ja wirklich sehr groß.
    Sponatn fällt mir ein, dass Adam Smith, der Begründer der Nationalökomomie, ist ja als Moralphilosoph, der er auch war, noch davon ausgegangen, dass wir als Menschen auf die Wertschätzung anderer schauen würden und das würde die schlimmsten Taten – auch im ökonomischen Bereich – verhindern. Denn wir wollen in den Augen Anderer als "gute" Menschen darstehen. Daraus könnte man schlussfolgern, dass jede(r) zumindest innerlich den Anerkennungsmodus ausschalten kann, den unsere Gesellschaft ja dauernd für die angeblichen Gewinner propagiert: Klug ist, wer wenig zahlt, wer irre viel Rendite macht etc.
    Und dann könnte man vielleicht auch anders handeln – anders konsumieren, anders bezahlen, nicht ausnutzen.
    Klar, ändert das die Wirtschaftsstrukturen nicht. Aber man kann nur bei den Einzelnen, sich selbst anfangen.
    Ausserdem denke ich, dass man unethische Formen öffentlich kritisieren sollte – so wie Smilla das in diesem Post getan hat.
    Herzlich
    Elke

  • smilla sagt:

    Elke, das ist wahrscheinlich der Punkt; das eine Werteverscheibung stattfindet: klug ist wer wenig zahlt… auf Zack sein in einer gesellschaft die häufig schwer verstehbar modern ist; da kommt die Geiz ist geil Madame ja als Konsumentenkumpel um die Ecke, und fördert ja beinahe ein Gemeinschaftsgefühl.
    Bedenklich. Ich weiss gar nicht wie alt diese Werbung schon ist, aber dieser Spruch hat sich wirklich ins Denken und Handlen eingefräst; ganz wie UschaSu es formuliert.

  • UschaSu sagt:

    Anders handeln kann man, wenn man genügend Spielraum hat. Genau den haben immer mehr Leute nicht. Man sehe sich die nackten Zahlen an, wieviele Menschen von Hartz IV leben, auch als Aufstocker, und wieviele nur knapp drüber. Ich bin sehr dafür, bewusst zu konsumieren, auf Langlebigkeit zu achten, Produkte aus der Region zu kaufen usw., aber als moralischer Imperativ bringt uns das nicht weiter.

    Kleinvieh macht auch Mist, wohl wahr, aber der richtig dicke Mist fällt woanders an. Und solange wir uns nicht um den kümmern, bringt es wenig, wenn jeder bei sich selbst anfängt. Seit Jahren werden die Löhne künstlich gedrückt. Ein Beispiel: Leiharbeit wurde allenfalls ganz zu Anfang zur Bewältigung von Auftragsspitzen genutzt. Heute werden zwischen 10 und 40 Prozent der Belegschaften von vornherein fest aus Leiharbeit eingeplant. Die großen Unternehmen gründen eigene Leiharbeitstöchter und lagern ganze Abteilungen dorthin aus, zu entsprechend geringen Löhnen, wobei die Margen direkt in die Taschen der Holding gehen. Selbst von kommunalen Unternehmen ist solches Vorgehen schon bekannt geworden.

    "Jeder ist seines Glückes Schmied" ist die Begleitmusik der Ausbeutung. Pervertiert zu Neusprech. Wie praktisch, wenn wir uns vorgaukeln, wir könnten allein durch ethisches eigenes Handeln die Verhältnisse ändern. Wer ausschließlich so denkt, begehrt gegen die eigentlichen Skandale nicht auf. Dagegen ist bekannt, dass diejenigen gesellschaftlichen Gruppen am erfolgreichsten sind, die sich am effektivsten organisieren. Die Arbeitgeberverbände und Lobbygruppen waren nie besser organisiert. Ihre Propaganda wirkt …

    Adam Smith übrigens funktioniert, aber nur unter der Voraussetzung des vollkommenen Marktes. Dazu gehören u.a. unendlich viele Marktteilnehmer mit gleicher Marktmacht. Schon daran hapert es heute. Ganz zu schweigen von der Anonymität, in der wir, im Gegensatz zu den Zeitgenossen Adam Smith's, nicht so anerkennenswertes, aber egoistisch profitables Handeln problemlos verstecken können.

  • Anonym sagt:

    das schlimme ist, dass versucht wird die armen blogger zu prellen. diejenigen nämlich, die die wahre quelle an authentizität und glaubwürdigkeit im markt darstellen, nach der sich alle konzerne dieser welt sehnen…cultural engineering hat der großteil unserer gesellschaft schon entlarvt, weshalb die echte kultur von der straße gerade hoch im kurs von marketing strategien steht. und das sollen sie sich ruhig was kosten lassen die companys. liebe smilla…. alles richtig gemacht. letztendlich trägt jeder verantwortung… und die besteht auch darin solche angebote einfach mal abzulehnen. lg henne

  • Manati-Mum sagt:

    Ich wurde auch vor ein paar Wochen von einer Agentur angeschrieben. Sie wollte 50 Lunchbags in meinem Shop bestellen. Als Geschenk für ihre Stammkunden. Ich nannte ihnen den Preis (natürlich kein Rabatt, da ja handgemacht von einem Ein-Frau-Miniunternehmen)und sie wollten 50% Rabatt, da sie ja eine so große Menge bestellen würden. Was bin ich denn, ein Diskounter?
    Das Angebot, dass dir unterbreitet wurde schlägt jedoch wirklich dem Fass den Boden aus. So unverschämt….

  • Jürgen sagt:

    Liebe Smilla,
    das kenne ich aus unserem gemeinsamen Beruf nur zu gut – wir werden immer schlechter bezahlt, die Etats für die Kostüme werden immer niedriger und dann wird meist noch verlangt, dass man um Sponsoring bettelt.
    Geiz ist Geil ist aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Alle wollen ein Stück vom großen Kuchen abhaben, aber niemand will dafür zahlen!

    In Deinem Fall finde ich es eine bodenlose Frechheit, dass eine Marketingagentur unverbrauchte Fotografen und Gesichter sucht, diese nicht oder schlecht bezahlt um dann mit "coolen" Produkten richtig viel Geld zu verdienen.
    Solchen Firmen wünsche ich einen fetten Misserfolg!!!

    zu Rechtschaffenheit erziehen?
    Damit sollten Eltern frühzeitig beginnen – allerdings ist diese Tugend "altmodisch" und stirbt langsam aber sicher aus 🙁

  • smilla sagt:

    Henne, ja da ist was die blogger angeht von seiten der Firmen grade regelrechte Goldgräberstimmung. Und dieses unterirdische Angebot konnte ich ja nur ablehnen. Ich meine…12 Euro? Wirklich, das ist so abseitig, da fehlt ja nicht mal nur ne Null.

    Lieber Jürgen, da sagst du was… Bei unserem Gewerk kommt da dann auch noch hinzu, dass viele der Schauspieler die die Hauptrollen spielen auch dermaßen gepampert werden mit Gage, Sponsoring, Vergünstigungen usw aller Art, dass sie oftmals kein rechtes Verständnis mehr haben dafür, wie lächerich häufig die Etats bzw auch zeitlichen Bedingungen sind, unter denen wir mal eben rasch ein Kostümbild erstellen sollen.
    Was ich damit sagen will; auch hier klafft eine Schere immer weiter auseinander.
    In Deutschland darf es endlich wieder Stars geben. Schön. Nur kosten die eben auch Geld, und was die Kostumetats und Vorbereitungszeiten angeht steht man manches mal ganz bescheiden da.Da is dann nix mit Prada und GucciMucci, auch wenn's noch so gern gewünscht wird.

    Ich denke ein interessanter Punkt ist auch die Anonymität, die UschaSu angesprochen hat; nach dem Motto "merkt ja keiner…"
    Und tatsächlich auch wieder; die Großen machens vor…
    Leitbilder und Ideale wirken tatsächlich als Vorbild, und fördern (im besten Falle)reflektieretes Handeln.

  • Ulrike sagt:

    Ihr sprecht mir alle aus der Seele. Diese "Geiz ist geil" Mentalität ist sooo verbreitet.
    Trotzdem bin ich der Meinung, dass jeder für sein Handeln verantwortlich ist. Was z. B. bei mir heißt, dass ich Billigläden meide und auf regional, bio, fair achte. Und überhaupt nicht mehr zu Schlecker gehe, seit bei uns der mini Uralt-Schlecker dichtgemacht hat und ein neuer, großer, schicker Schlecker aufmachte mit neuem Personal. Wobei sich dann rausstellte, dass Schlecker die alten rausgeschmissen hatte (naja, gute Gelegenheit halt) und neue zum Billigtarif "einstellte". Ich meine, über die miesen Praktiken hört man ja immer wieder mal was, aber so etwas direkt vor Ort, hat mich dann endgültig dazu bewegt, den Laden zu meiden.
    Und diese Tendenz gibt es überall.
    Ich frage mich allerdings, ob dieses überall ein paar Euro/Cent sparen denn so glücklich macht? Ich verkneif mir lieber ein paar überflüssige Sachen und kaufe lieber Qualität, wenn ich denn was kaufe.
    Und natürlich gibt es Leute, die mit jedem Cent rechnen müssen und vielleicht auf die Discounter angewiesen sind. Mehr denn je vermutlich…

    Und trotzdem tu ich mich schwer, auf diese Demos zu gehen, die u. a. von den Gewerkschaften organisiert werden. Zu sehr gegen alles, zu wenig für etwas, die haben für meine Begriffe auch keine Perspektive.

    War jetzt vielleicht etwas wirr, aber ich empfinde den Themenbereich auch als sehr vielschichtig.

    @Smilla
    Hut ab, du hast in meinen Augen jedenfalls genau richtig reagiert.

  • Elke sagt:

    Liebe(r) UschaSu,

    ich gebe Dir völlig recht. Adam Smith fiel mir auch nur spontan ein, weil selbst der Urvater des liberalen Kapitalismus an eine Moral dachte, ohne die das Ganze nicht funktionieren würde.
    Und ich gebe Dir auch recht, was Menschen mit geringem Einkommen betrifft. Ich wurde neulich als Armutsforscherin von der Taz interviewt, ob HartzIV-Empfänger fair gehandelte Produkte kaufen sollten. Ich habe mich ziemlich aufgeregt darüber, weil ich diesen moralischen Druck, der da auf Arme ausgeübt wird, ziemlich unerträglich finde. Es werden dabei verschiedene Armutsformen gegeneinander ins Feld geführt. Das ist aus meiner Sicht schlimm und hilft nicht weiter. Ich glaube auch, dass man nur organisiert oder besser gemeinsam Dinge wirklich ändern kann. Ich denke aber trotzdem, dass der Einzelne sich seiner eigenen Verhaltensweisen bewusst sein sollte – trotz aller Umstände ist man nicht einfach Pawlows Hund, der nur konditioniert reagiert. Wenn ich mir keine Möglichkeit mehr zuschreibe, dass auch mein eigenes Handeln etwas bewirkt, dann erlebe ich mich als ohnmächtig. Und ich glaube zutiefst, dass das sowohl menschlich als auch politisch fatal ist.
    Herzlich: Elke

  • UschaSu sagt:

    Elke, ja, da gebe ich Dir völlig recht, jede/r kann und muss bei sich anfangen. Und wer kein Geld hat, kann auch in anderer Weise gegen den Strom wirken: sei es, sich im Verein zu engagieren, in der Kirche, in einer Online-Community, oder einfach nur in der Firma die Leute nett behandeln, die sonst von allen getreten werden. Mir ging es darum, dass all das nicht mehr reicht, wenn gleichzeitig die Wirtschaftsstrukturen immer anonymer werden. Die meisten Angestellten kämpfen jede/r für sich, Freiberufler sowieso, dabei ist das genau das, was "denen da oben" die Macht gibt. "Teile und herrsche" hat prächtig funktioniert, es wird endlich Zeit, wieder etwas dagegen zu unternehmen.

    Smilla, in diesem Sinne auch von mir danke für den Post. Wer immer es sich leisten kann, muss genauso handeln. Und manchmal ist auch einfach die Aufklärung wichtig: so wie die Schauspieler wissen viele, die einen komfortablen Job haben, aber noch nicht völlig zynisch und abgehoben sind, gar nicht, wie bescheiden es bei anderen aussieht.

  • smilla sagt:

    UschaSu, ich teile deine Ansicht darüber, dass "nur bei sich anfangen nicht ausreicht", auch wenn es von großer Wichtigkeit ist. Es darauf beruhen zu lassen ist aber fatal.
    Da landet man dann schnell beim Thema der gefühlten Ohnmacht, und die ist schwer zu ertragen. Also ist es leichter sich zu sagen, dass man bei sich selbst anfangen muss.
    Wie gesagt, reichen wird das nicht.

    Und ich muss es noch mal sagen, dieses Angebot hier war ja nicht mal schlecht, oder nur so mittel. Das war derart baseitig und unterirdisch, dass es da ja nicht mehr darum geht ob man es sich leisten kann.

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