Urlaub in Stiefeln

Abeo macht Urlaub. Und ein wenig Zeit da­von hat er, wie viele andere auch,  dem Kölner Dom gewidmet.
Mit etwas Abstand und skeptischer Miene hat er sowohl den Dom als auch das teure Geschäft davor im Blick, in das seine mutmaßlichen Anverwandten entschwun­den sind, während ich wiederum ihn im Blick habe. Ich überlege, ob jemand der so mexikanisch aussieht wohl auch tatsächlich Mexikaner ist.
Und während ich einerseits fest damit rechne, dass er gleich mit einer Antwort im breitesten bayrisch untermauert, wie sehr man doch mit seinen Vermutungen dane­ben liegen kann, stelle ich stattdessen wenige Sekunden später fest, dass so manche sichtbare Erkennungssymbolik verlässlich und verstehbar ist. 

Abeo ist Mexikaner, lebt aber seit über 10 Jahren in Dallas. Er betreibt dort ein mexikanisches  Restaurant und wer nun meint, wir hätten das Gespräch auf eng­lisch geführt, der irrt. Ich spreche kein spanisch, Abeo kaum englisch. Offenbar ist sein unmittelbares Lebensumfeld stark mexikanisch geprägt: quasi die vertraute Welt in einer neuen Welt.
Ich frage Abeo nach seinen Stiefeln, denn auch wenn ich mich nicht auskenne sehe ich doch, dass es Schlangenlederstiefel sind. Während ich das frage fürchte ich mich schon vor einer sich anbahnenden Diskussion diesbezüglich hier im Blog, das will ich nicht verschweigen.
Ich verstehe, nach vielen und langwierigen Verständnisfragen, dass der Schlangenle­derstiefel an sich für Abeo ein Status­symbol ist. Und nicht nur für ihn, sondern für alle, die seine Welt bevölkern. Dass es in Deutschland verpönt ist, mit Kleidung und Accessoires aus Schlangenleder herum­zulaufen, nimmt er gelassen und ein wenig erstaunt zur Kenntnis.
Dabei scheint ihn weniger der Umstand an sich zu beeindrucken, als vielmehr, dass ich so darauf herumreite. Abeo hat ca. 5 Paar Schlangenlederstiefel und passende Gürtel dazu. Für ihn liegt darin neben Tradition auch Normalität.

Abeo takes a vacation. And like many other tourists in Cologne he spends some time at the Cathedral. He stands a few meters apart, keeping one eye on the cathedral, but also regarding the expensive store in front of it sceptically, which was entered by his his assumedly relatives a second ago. I in turn have him in view, considering, if someone who looks so mexican actually is mexican.
While I expect, that he’ll answer my question in a broad bavarian dialect, proving how one’s presumptions can fail, instead I realize a second later, that some sent messages and symbols are easily to read und reliably comprehensible.

Abeo is Mexican, but since about 10 years he’s living in Dallas. There he runs his own restaurant, providing mexican food. So, if you now expect us to have talked in english, this is wrong. I can’t speak spanish and Abeo hardly speaks english. Obviously his next-door circumstances are all mexican; a familiar world inside an unknown world, so to say.
I ask Abeo about his boots. Although I don’t know much about it, I  easily can realize that he wears snakeskinboots. Asking this I’m yet afraid of the discussion this blogpost may arouse, to tell the truth.
After quite a few comprehension questions I learn that for Abeo, and for the world he’s living in, snakeskinboots serve as a status symbol. When I tell him, that in germany wearing clothes made of snakeskin is a taboo, he takes it calmly, while he seems to be astounded in a way.
But what astounds him most obviously isn’t the fact itself, but that I don’t stop dwelling on this subject. Abeo owns 5 pairs of snakeskinboots with corresponding belts. For him this is an ancient tradition and it also reflects normality.

13 Comments

  • Oona sagt:

    Er sieht freundlich, gemütlich aus und es ist doch schön, dass es Menschen gibt, die so aussehen wie von wo sie herkommen.

  • Anonym sagt:

    Also mit Sonnebrille finde ich diesen Menschen ein bißchen gruselig, wie seine Schlangenlederstiefel halt. Ohne Brille sieht er symphatischer aus.
    Wie kommt so jemand ausgerechnet nach Köln, liegt das auf der Route für amerikanische bzw. mexikanische Touristen wie Heidelberg oder Rotenburg? Hätte ich jetzt nicht gedacht.
    Interessant ist aber doch immer wieder, dass für viele Menschen Dinge, die für uns exotisch oder verwerflich oder eklig sind, ganz normal sind.
    Ulli

  • kaltmamsell sagt:

    Ist der niedlich (muy mono)! Wie fast immer verstehe ich sofort, warum du ihn ansprechen und fotografieren wolltest.

  • Klickerklacker sagt:

    Mächico! Cool! Pistolen?
    Cowies, Jeans, Hemd, Hut…ich glaube, das kaufe ich mir auch alles mal.
    Liebste Grüße!

  • Anonym sagt:

    Ich verfolge deinen Blog jetzt schon was länger, und freue mich immer wieder was aus meiner Heimat zu lesen und das hier ist mal wieder ein klasse Bericht.

    Hier stellt sich für mich nur die Frage welche Sprache ihr genutzt habt wenn er kaum Englisch und du (darf ich du sagen? ) kein Spanisch…
    oder habt ihr euch mit Englisch und Händen und Füssen beholfen?

  • smilla sagt:

    Er hat eine verwandte, die in Bonn arbeitet, die hat er besucht, ich glaube, dass war ohnehin der hauptgrund dieser Deutschlandreise.
    Bei "eklig" muss ich sofort daran, denken, dass es in manchen Ländern ganz normal ist Insekten zu essen und man sich dort sicher wundert, dass es nicht als normal angesehen wird.

  • smilla sagt:

    Oh, es war eine Frau in seiner Begleitgruppe, die besser englisch sprach und irgedwann hinzukam und ein bisschen übersetzt hat.
    Und danke 😉

  • A-M sagt:

    Zum Beispiel in Mexiko… 😉
    Wir waren vor drei Jahren dort und es gab an ziemlich vielen Straßenständen nicht nur Nüsse, sondern auch geröstete Insekten zu kaufen.
    Wir haben aber nicht probiert.

  • Helen sagt:

    Ein waschechter mexikanischer Texaner! Tolle Bilder!
    http://closertoberlin.blogspot.de/

  • Mr.Wilson sagt:

    Liebe Smilla, es ist irgendwie sehr deutsch, dass Du im Gespräch über die Schlangenlederstiefel bereits eine Diskussion in Deinem Blog befürchtest. Die ist natürlich vollkommen überflüssig – erstens, weil Du nichts für das Schuhwerk der Leute kannst, die Du fotografierst und zweitens, weil die Schuhe extrem cool sind.

  • Ev sagt:

    Liebe Smilla, ich schließ mich mal Mr. Wilson voll und ganz an. Andere Länder, andere Sitten. Sollte man respektieren. Ist ja nicht so, dass Schlangefleisch nicht auch gegessen wird, warum sollte Schlangenhaut dann nicht auch verarbeitet werden dürfen?
    Klar, dass man mit solchen Ansichten aneckt. Seinen Weg aber kann, darf, sollte man nur für sich gehen, nicht für andere.
    Sonst dürfte ich meine Schmuckstücke aus Bein auch nicht tragen … auch ein großer Ekelfaktor für Dritte, für mich lediglich Konsequenz und die Schönheit im einfach Alltäglichen.
    Ich mag Deine Art und Weise, wie Du unterschiedlichste Themen in Deinen Blogeínträgen einfängst, sehr.

  • smilla sagt:

    Mr Wilson: danke. Ernsthaft. Hab ich nun ein paar Tage drüber nachgedacht, auch wenn ich bei "sehr deutsch" erst mal schlucken musste…
    Mehr Mut beim berichten!
    Trotzdem muss ich diesen Artkel von Jayne Wayne hier verlinken:
    Trendwelle Snake skin, nein danke
    Manches muss einfach nicht sein.

  • Julia sagt:

    Hättet ihr aber machen sollen! Die gerösteten Heuschrecken sind sehr knusprig und schmecken ein bisschen nach Nüssen. Sehr lecker. 🙂

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