Teach the teacher

Vor einer Weile habe ich Frau S. getroffen und hier schon mal fotografiert. Weil unser Gespräch recht kurz war damals und ich sie gerne mehr gefragt hätte, habe ich ihr geschrieben, und wir haben uns auf einen kleinen Spaziergang getroffen. Sie unter- richtet an einer Hauptschule, und sie ist richtig gerne Lehrerin. Anstrengend sei der Beruf, hatte sie bei unserer ersten Begegnung auf meine Frage geantwortet – und dabei doch recht entspannt gelächelt. Diesmal frage ich genauer nach: „An- strengend“, sagt sie „ist die permanente Lautstärke und Unruhe.“ Während der Unterrichtszeit ist sie eigentlich immer in irgendeiner Form von Kontakt; ruhiges, konzentriertes arbeiten kennt sie nur in ihren Vor- und Nachbereitungszeiten. „Es ist es oft auch schwierig die Schüler zu motivieren.“ sagt Frau S. Da sie an einer Hauptschule unterrichtet, erlebt sie es häufig, dass Kinder zwar begabt sind, aber überhaupt nicht gefördert wurden oder werden. Ein allgemeiner Frust der Schüler, eine ablehnende Haltung gegenüber Schule, Gesellschaft, Lehrer und Erwachsenen ist, womit sie permanent umgehen muss.
Eine ganz große Rolle in ihrem Alltag spielt die persönliche Zuwendung zu ihren Schülern. Nicht selten kommen die mit privaten Sorgen.

…und suchen Rat oder Hilfe. „Da geht es oft um Krankheiten, oder körperliche Sachen. Frau S. gucken Sie mal, mir tut es hier immer so weh…oder ich hab hier so ’ne komische Beule…. Die Eltern kümmern sich oft nicht, oder gehen nicht mit ihnen zum Arzt.“ Bei ganz persönlichen Problemen sind die Schüler schon ver- schwiegener, und meist schwer zugänglich. Oft merkt Frau S. nur am Verhalten dass etwas nicht stimmt; Aggression oder Rückzug lassen sie aufmerksam werden.
Das sie so eigenwillig gekleidet ist wird gut akzeptiert: „Die finden das gut… Was Schüler eher schlimm finden, ist wenn jemand sich total bemüht ganz jugendlich daherzukommen.“ Frau S. ist überzeugt, dass die Grundlage für ein gutes Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler darauf beruht, dass die Jugendlichen von den Lehrern wirklich angenommen, gemocht und akzeptiert fühlen: „Manche Lehrer haben große Widerstände gegen ihre Schüler. Und auch wenn sie sich das gar nicht anmerken lassen; die Schüler kriegen es trotzdem mit und machen dicht. Oder sie machen es den Lehreren richtig schwer.“ Das sei auch der Grund dafür, dass viele Lehrer vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden oder oft krank sind“
„Wissen zu vermitteln ist nicht die Hauptaufgabe eines Lehrers“, da ist sich Frau S. ganz sicher. „Sehr wichtig ist, Ihnen etwas über den Umgang mit anderen und mit sich selbst beizubringen. „Sie persönlich zu fördern und ihnen zu helfen ein echtes Selbstbewusstsein zu ent- wickeln; das sei das eigentliche Ziel, betont sie.

 

22 Comments

  • Jörg sagt:

    "Sie persönlich zu fördern und ihnen zu helfen ein echtes Selbstbewusstsein zu ent- wickeln; das sei das eigentliche Ziel," betont sie.
    Und da hat sie sooo recht. Genau das ist es, was an vielen, vielen Schulen viel zu kurz kommt. Und das rächt sich später bitter.

  • Anonym sagt:

    Wir brauchen viel mehr solche Lehrer.

  • Pia Butzke sagt:

    Na, die ist ja klasse. Ein bischen auch bunter Paradiesvogel, aber eine ganz eigene, herzliche Persönlichkeit. Vermutlich auch idealistisch und trotzdem im harten, grauen Schulkampf nicht kaputt zu kriegen. Toll! So eine Lehrerin hätte ich auch gern.

  • Ruth P. sagt:

    Wieder sehr schoen, und ich stelle (nicht zum ersten mal) fest, dass der Text genauso durchgedacht und schon und dazu gehoert wie die Fotos. Interessante Information.

  • rebhuhn sagt:

    der letzte absatz macht mich traurig, denn meiner meinung nach ist gerade das die aufgabe von eltern! ich stimme ihr aber zu, daß das heute wohl häufig von den lehrern erledigt werden müßte… scheiß-welt. [nein, ich bin kein pessimist, jedenfalls nicht grundsätzlich. und auch gerade das gegenteil eines misanthropen.]

  • Liisa sagt:

    Einfach nur toll, diese Frau! Hut ab, dass sie sich diese Einstellung und Ansichten durch ein langes Berufsleben hat erhalten können.

    Modisch hat mich ja schon das erste Foto von ihr begeistert und die Aufnahmen hier schließen sich nahtlos an. Ach ja, ein wunderbares Lächeln hat sie obendrein auch noch!

    Danke Smilla, dass Du uns hier immer wieder solche Persönlichkeiten vorstellst.

  • Sarah sagt:

    Ich find sie klasse. Hat großen Respekt verdient! Vorallem weil sie in einem, wie ich finde, sehr harten Beruf ist. Vorallem toll an ihr ist, dass sie dennoch ein offenes Ohr für ihre Schüler bereit hält!

  • Anonym sagt:

    So ein tolles Lächeln, neben der tollen Einstellung – wirklich bewundernswert!

  • Martine sagt:

    Wer möchte nicht so eine farbenfrohe und einfühlsame Lehrerin?
    Sie ist eine Augenweide.
    XXXm

  • Steph sagt:

    I totally agree with her and love her look! Thanks for sharing

  • wenns doch mehr von der sorte gäbe!! genau, lernen funktioniert nur über beziehung, die neurobiologische forschung präsentiert uns da inzwischen so interessante wie plausible ansätze und die wenigsten schert's…
    unendlich traurig aber auch die tatsache, wie viele eltern mit den einfachsten gesetzmässigkeiten von bindung, kommunikation, interaktion etc. heillos überfordert sind.
    ich verneige mich hier einmal kurz und tief vor der dame!!!

  • birgit sagt:

    ich fand schon den ersten beitrag von ihr klasse
    und sie hat so schöne kleidung
    eine tolle lehrerin und ganz feine fotos

  • frau k. sagt:

    .. und immer die gleiche Tasche .. 😉

    mag ich sehr und ich bewundere sie für ihre Einstellung und Leistung.

  • was für eine starke ausstrahlung sie hat.
    so positiv und herzlich…. ganz, ganz toll!

    die geborene lehrerin!

  • Anonym sagt:

    Frau S. erinnert mich an meine Freundin F. in Berlin, welche alleinerziehend mit drei Kindern gerade im Referentariat ist und irgendwie die Zeit und Energie findet, selbst hinter motivationslosen auf Anti gepolten pubertierenden Schülern den Menschen und seine persönliche Not zu sehen und sich zu überlegen "Wie krieg ich ihn/sie?" Das muss Liebe sein, denke ich mir, und "Berufung".

  • …sehr sympathisch…

    liebe Grüße aus dem Drosselgarten schickt Dir Traudi

  • smilla sagt:

    so, ich muss es mal sagen; ich freu mich sehr sehr darüber dass Frau S. derart schöne Kommentare erhält; ich habe sie auch als sehr besonders erlebt und kennegelernt.
    Vielen dank an alle, ich gebs auch weiter! 🙂

    und Kommando Mardermann; habt ihr nen guten Buchtipp?? zufällig?? lg

    @mayarosa; das klingt beeindruckend und beinhe unglaublich. Hut ab!

    @rebhuhn, dass du kein misanthrop bist musst du nicht dazu sagen… 😉

  • hallo smilla, hier die tipps:
    das gedächtnis des körpers von joachim bauer (piper) bietet einen guten einblick.
    drüberhinaus habe ich mir mehrere vorträge von gerald hüther zum thema gehirnforschung auf dvd besorgt, sehr aufschlussreich und überraschend gut nachvollziehbar. ich würde mich freuen, wenn du da was für dich findest, liebe grüsse..

  • smilla sagt:

    vielen Dank! Hab schon reagiert…
    Mir ist noch Bas Kast eingefallen, ein Psychologe und Biologe, der unter anderem 'Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft' und 'Die Revolution im Kopf' geschrieben hat.
    Darin kann man auch, erfreulich verständlcih , so einiges über das Hirn erfahren..

  • Mim sagt:

    I remember this colorful teacher from your earlier post. It takes courage to wear purple with chartreuse.

    Children need so much; she can only do a little.

  • audiofille sagt:

    wenn ihre lehrerinnen-freundinnen zufällig frau krise und frau dienstag heißen, dann stelle ich mir genau so frau freitag vor, die urheberin meines absoluten lieblingsblogs: http://fraufreitag.wordpress.com/
    die beschreibt ihren job nämlich ganz ähnlich, nur auf ihre eigene, miiiiinimal zynische und doch sehr lesenswerte art.

  • Susanne sagt:

    Das ist toll. Ich bewundere Frau S. und bin richtig glücklich, dass es solche Lehrer gibt!!

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