Nebel auf dem Tafelberg

Es gibt mehrere Wege um den Tafelberg zu erklimmen; man kann einen der unterschiedlich schweren Pfade zu Fuß gehen oder man nimmt die Gondel. Das mit der Gondel ist wohl die am häufigsten gewählte Variante; in einer Stunde, so habe ich irgendwo gelesen, kann bei voller Auslastung eine Anzahl von 900 Menschen hochgekarrt werden. Ich bin eigentlich eine Geherin; Fahrstühle, Gondeln und die Köhlbrandbrücke meide ich nach Möglichkeit, und selbst Zahnradbahnen an steilen Bergen verlangen mir mitunter mehr Mut ab, als jede gelaufene Strecke Kraft. Nun hat aber bei unserem Ausflug auf den Tafelberg die Sonne sehr heiß aus wolkenfreiem Himmel geschienen, und in mir hatte sich, endlich, die Müdigkeit mehrerer Monate eine Stimme verschafft: Gelaufen wird auf keinen Fall, hat sie gesagt.

Kaum angekommen am Fuße des Tafelberges verlässt mich jählings der Mut. Die Gondel geht derart steil den Berg hinauf, dass ich durchaus bereit bin, mich mit dem Ausblick auf Kapstadt, der sich an der Talstation bietet, zu begnügen.
Naja, wie es so ist … sich seinen Ängsten stellen, nicht davon unterkriegen lassen und so … am Ende stehe ich in der Gondel, ganz nah am Gondelmoderator (ja, den gibt es wirklich), der als Natur-Anästhesist Großes bewirkt und auch aufgewühlte Menschen wie mich für den Aufstieg nur mittels Stimme, Sprechtempo und Tonfall zu sedieren vermag.

Oben bestes Wetter, freie Sicht. Zumindest am Anfang. Lange genug, um Kapstadt, das Meer und die Berge ausführlich zu bestaunen und sich ins Verweilen zu versenken. Dann dreht der Wind, oder setzt er sich durch(?), und Nebelschwaden jagen in beachtlichem Tempo übers Plateau. Mal in zerklüfteten Fetzen, mal als dicke Wolken, mal fast wieder weg, und dann alles wieder von vorn, nur anders.

Es ist ein leises, feines Spektakel, das wir miterleben dürfen. Mir kommt die Frage in den Sinn, warum ich den vielfach gelesenen Rat, nur bei schönem Wetter hinauf zu fahren, keinen Moment lang in Zweifel gezogen hatte. Wenn die Gondel trotz Nebel und Wind den Betrieb nicht einstellt kann es nämlich auch passieren, dass oben bestes Wetter ist und man abwärts in eine Welt aus Wolken blickt.

Der Nebel, dem ich wie einem vertrauten Freund begegne, ist bestimmt bester Kumpel mit der Meeresbrandung; was sie verbindet ist ihr zeitloses Unbeeindrucktsein. Mich als leicht zu beeindruckenden, ja mitunter als leicht zu beirrenden Menschen beruhigt das ungemein. Es beschämt mich auch, denn der globale Platzanweiser in der Welt der Werte und Wichtigkeiten hat noch immer nicht verstanden, wer und was in die ersten Reihen gehört.

Mich ergreift die Freude über meinen Mut, diese doofe Gondel-Angst beiseite geschoben zu haben und da oben im Nebel Zeitlosigkeit zu empfinden, und Gedanken nachzuhängen, die vermeintlich zu nix führen.

Bei der Fahrt ins Tal ist diesmal alles ganz leicht für mich. Ich freue mich wieder über den Gondel-Moderator. Die kurze Zeit reicht leider nicht aus, um hinter sein Geheimnis zu kommen. Beim hinausgehen sage ich ihm Danke, und dass ich ihn großartig finde.
Das nächste Mal möchte ich trotzdem hinauflaufen.

Die letzten Meter (von oben) für die fleißigen zu-Fuß-auf-den-Berg-Geher

Am Ende sogar Sonnenuntergang, bevor die letzte Gondel ins Tal geht.

Der Tafelberg von weitem; vom Blouwbergstrand aus fotografiert.

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