Herbstbeginn im Dachgarten

Die Gräser blühen in diesem Jahr besonders schön.
Viel zu selten schenke ich den Gräsern Zeit. Nein, viel zu selten schenke ich mir Zeit bei den Gräsern. Dabei blühen sie in diesem Jahr so ganz besonders schön.

Den wilden Wein habe ich plötzlich und übergangslos rot vorgefunden. Eigentlich werden die Blätter doch zuerst bunt; grün, gelb, lila, rot in allen Schattierungen, denke ich. Habe ich denn diese Phase komplett verpasst? Oder wird der Wein zunächst rot und dann erst bunt? Ich versuche mich zu erinnern, wie war das denn im letzten Jahr? Ich weiß es nicht.

Mein grüner Fächerahorn ist seit zwei Wochen nicht mehr grün. Alle Blätter sind braun und rösch, sie fallen aber nicht ab. Das beunruhigt mich, es sieht nicht gesund aus.

Der rote Fächerahorn hat ab August sein karges Laub verloren, den Sommer hat er ohnehin halbkahl verbracht. Was noch an Blattwerk übrig war, ist zuverlässig nach und nach verbrannt. Der rote Ahorn ist mein Sorgenkind. Für das nächste Jahr wird er einen neuen Standort bekommen. Wie um diese Entscheidung zu bekräftigen, treibt er seit den Regenwochen neu aus.

Wunderschöne große rote Bilderbuch Fächerahornblätter, die haut er lässig alle nochmal raus – eine souveräne Kür, verschwenderische Fülle nach aussichtsloser Quälerei in versengender Hitze. Allerdings tut er dies nur an ein paar wenigen Ästen. Lückenhaft gerupft sieht er aus, zugleich nach Sommer und Winter, nach Blüte und Vergehen, nach Leben und Tod.

Mal löst dieser seltsame Anblick Belustigung in mir aus, mal Melancholie, mal Ratlosigkeit.
Der Baum tut, was er kann, und er kann augenscheinlich nur noch hie und da. Ich kann das nachempfinden, da hat der Baum mein Mitgefühl und volle Akzeptanz.

Müde haben manche Äste den Herbst in den Sommer vorverlegt, andere haben bereits den Winter ausgerufen, nur die roten Blätterinseln halten fest an Jahreszeit und Vegetationsperiode, old school quasi.

Ich krame in meinen Fotos herum; Oktober vor einem Jahr, Oktober vor zwei Jahren. Der grüne Ahorn war grün, der rote Ahorn war rot, beide ordnungsgemäß belaubt. Der Wein war bunt, aber erst am Ende des Monats.

Seit hier um die Ecke schon im August der Gehweg unter den Kastanienbäumen herbstgleich mit Laub übersät und jeder Schritt ein Rascheln war, bin ich verunsichert mit den Vegetationsperioden. Der Klimawandel verlängert die Vegetationsperioden, lese ich, die Trockendürre kürzt sie ab. Dabei bringt doch der eine die andere hervor, und dann fangen die untereinander auch noch mit Tauziehen an. Und stimmt das so überhaupt, und wenn ja für alle Pflanzen gleichermaßen? Wohl kaum, und was ist mit den ganzen Tieren, Vögeln, Insekten. Es gibt so viel zu wissen und ich weiß so wenig, kein Tag vergeht, an dem mir das nicht deutlich wird.

Ich pilgere durch meinen Dachgarten, gucke hier und prüfe da, die Abendsonne schaut vorbei. Die Schmucklilie bekommt eine neue, späte Blüte, das Pampasgras wogt sanft im Wind. In einem der Puschel sitzt eine Schnecke und kackt.

03.10.2022

9 Comments

  • Mein weisser Elefant sagt:

    Hach schön. Hach Kater.

  • Inga sagt:

    Der letzte Satz. Ich habe sehr gelacht! Danke!

  • Anna sagt:

    Mein Herz schlägt für die Schnecke! Und für den Kater! Wie geht’s ihm?

    • Smilla sagt:

      Dem Kater geht es leider nicht gut. Er hat Darmkrebs und nun bekommt er eine medikamentöse Therapie, sprich erst mal Cortison. Das macht unter anderem doll Hunger, aber er nimmt trotzdem nicht zu.
      Es ist ungewiss wie es weiter geht. Er ist sehr klapprig, und manchmal denke ich, das wird nicht lange gut gehen, dann wieder bin ich zuversichtlich, dass es noch ein Weilchen geht. Abwarten.

  • Susan sagt:

    Die Kastanien werden so früh braun, weil sie unter der Miniermotte leiden. Man kann ihnen helfen, indem man das Laub aufharkt und entsorgt (also im Restmüll oder über die Stadtreinigung, NICHT auf dem Kompost), denn dort hocken die Larven fürs nächste Jahr. Zumindest in Berlin organisieren die Stadtreinigung und/oder der Nabu des öfteren Laubsammelaktionen, vielleicht in Köln ja auch?

    Für den Kater kann ich Hill’s Prescription Urgent Care a/d empfehlen. Das ist ein leicht verdauliches, aber sehr kalorienreiches Nassfutter, mit dem ich meine Katze nach einer schweren Krankheit wieder aufgepäppelt habe. (Ich kann gern eine einzelne Dose zum Probieren schicken.)

    • Smilla sagt:

      Liebe Susan, das sind beides wirklich interessante Infos, vielen Dank dafür!
      Wie das mit den Kastanien hier in Köln ist, werde ich mal googeln.

      Das Katzenfutter werde ich ausprobieren, ganz lieben Dank für den Tipp und auch für das Angebot,
      mir eine Dose zu schicken, das ist wirklich total nett!
      Ich versuche heute es in Köln zu bekommen, sonst bestelle ich direkt, aufpäppeln tut nämlich immer noch not.
      Immerhin frisst der Kater, aber er nimmt einfach nicht zu. Er hat Darmkrebs und der Darm kann offenbar gar nicht genug aufnehmen.
      Ich hoffe deiner Katze gehts gut! Liebe Grüße und Danke!

  • Susan sagt:

    Liebe Smilla,

    ich hoffe, es hat alles so geklappt und dem Kater schmeckt es? Ich mache das Futter immer bei 80 Grad in der Mikrowelle ein paar Sekunden warm, dann riecht es offenbar noch ansprechender. 🙂

    (Nicht wundern, wenn nur wenig gefressen wird — es ist wirklich sehr gehaltvoll.)

    • Smilla sagt:

      Liebe Susan, ja, er frisst das Futter gern. (ich muss allerdings oft die Sorten wechseln). Und tatsächlich frisst er davon weniger als von anderem. Hat mich zunächst ganz schön gewundert. Es geht ihm deutlich besser und er hat auch zugenommen. Ganz herzlichen Dank nochmal! Liebe Grüße

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