Dorfjunge

Mit 16 war Robin auf seiner ersten Techno-Party. Das kam eigentlich fast nebenbei; zuerst war er in der Philharmonie, weil dort im Rahmen der c/o Pop ein Konzert stattfand. Danach hat ihn ein Freund mit zu der Party genommen. Für Robin war das ein magischer Moment; alles war neu und anders und nie gekannt: „Ich hab da die Musik in den Füßen, im Boden gespürt…“ sagt Robin. Er sieht mich an  und sucht nach Worten und gerade das lässt mich verstehen. Durch den Boden und die Füße hat sie ihn erobert, die Musik. Der Techno um genau zu sein. Er hat alles vergessen an diesem Abend, in dieser Nacht, und er hat sich überwältigen lassen. Am nächsten Morgen um neun hat seine Mutter auf dem Handy angerufen: „Wo bist du??“
At the age of 16 Robin has been at his first techno-party. It happened incidentally in a way; before he visited concert at the Cologne Philharmony, which was given in the context of c/o pop. Afterwards a friend took him to this party. For Robin this has been a magical moment; it was all new to him, and exciting and completely unknown: „I could feel the music in the ground, in my feet…“ Robin looks at me, pondering, groping for words. And excactly that’s, what makes me understand. Through the ground and through his feet the music took him over. To be exactly; techno took him over. At this night he has got lost and he was overwhelmed. The next morning at nine o’clock his mother called him on his mobile: „Where are you??“

Seitdem war Robin auf vielen Techno-Partys; er kennt die Szene und sie kennt ihn. Mit Freunden hat er ein Kollektiv ge­gründet: die Dorfjungs.
Technofreundschaftsgemeinschaft nennen sie sich. „Ich mach hauptsächlich die ganze Grafik, und ich leg auch auf.“ sagt Robin. Die Dorfjungs veranstalten Partys im eigen­en Dorfjungs Klub, wo sie sich selbst ein Forum geben, und dazu laden sie noch DJs und Liveacts ein; z.B. aus London oder Istanbul.
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Since then Robin has been at many techno-partys; he knows the scene and the scene knows him. With some friends he founded a collective: Dorfjungs, which can be translated as ‚village boys‘.
It’s a friends-community for techno, as they call it. „I’m doing the graphics, main­ly, and I’m a DJ’ing, as well“ Robin says. The Dorfjungs organize partys in their own Dorfjungs Club, where they’ve created their own playground. They also invite other DJs or live acts from elsewhere, London for example, or Istanbul.
Read ore, please follow…

Aber so wie damals, an dem ersten Abend, ist es heute nicht mehr. „Wenn ich heute ausgehe, dann treffe ich überall Freunde und Leute, die ich kenne. 20, 30 Leute und mehr, das ist ganz normal. Man kennt alles, man weiß wie es geht“, sagt Robin und es schwingt ein bisschen Wehmut mit. Vielleicht ist der Titel einer Party im März diesem Gefühl geschuldet: „Wir wollen die Magie zurück“
But anyway, it’s not like the first night anymore. „When I’m going out these days I meet a lot of friends and people I know. 20, 30and even more, that’s quite normal. I know the places, I know how it works“ Robin says, and it sounds a bit wistful. Maybe that’s why a prty of them was called: „We want the magic back.“

Letztes Jahr hat Robin Abi gemacht. Jetzt ist er so dazwischen: „Zwischen dem Abi und dem nächsten großen Ding.“ Wie genau das aussehen könnte, was das sein könnte, dieses nächste große Ding, das weiß er nicht genau. Grafik interessiert ihn, aber er hat diffuse Zweifel;  dass er es nicht schafft, dass er vielleicht nicht genug ist. Ein Freund von ihm hat gerade endlich einen Studienplatz für Modedesign bekom­men: „Aber der hat sich wieder und wieder beworben, bis sie ihn jetzt nach drei Jahren genommen haben. Ich glaub, das würde ich nicht aushalten.“
Last yeear Robin has finished school. Now he’s standing in between: „Between school and the next big thing.“ Robin doesn’t know exactly what it could be, this next big thing. He’s interested in graphics but he’s harbouring foggy doubts; that he wouldn’t make it, that he’s maybe not good enough. A friend of him lately was finally admitted into university for fashion design: „But he was applying again and again until he was  finally admitted after three years. I’m not sure if I could stand this.“

„Ich glaub ich bin ein guter Techniker“ sagt Robin. „Ich kann stundenlang alleine vor mich hinarbeiten und solange rumprobie­ren, bis alles ist, wie ich es haben will. Und dann sitzt man wochenlang zum Bei­spiel an einer einzigen Sache und arbeitet immer weiter, bis es endlich fertig ist. Und dann ist es fertig und man fragt sich: Find ich das jetzt gut?“
„I guess I’m quite good in techniques“ Robin says. „I can sit for hours, trying to figure out how I can manage thinsg to look like I want them to. And sometimes I’m working for weeks on a special thing. And when it’s finished I look at it, asking myself: Do I really like it?“

Aufgewachsen ist Robin in London. Mit 9 ist er nach Köln gekommen. „Das war eine ziemliche Umstellung.“ Später war er dann für ein Austauschjahr in Paris. Zurück nach Köln zu kommen war irgendwie ernüch­ternd, sagt er. Aber trotzdem lebt er heute gerne hier. „Ich war neulich in London und das war toll. Aber dort leben, das würde ich nicht wollen. Es ist alles viel dort, irgendwie alles zuviel.“
Robin grew up in London. At the age of 9 he moved to Cologne. „That was quite a switch.“ Later he went to Paris for a school-exchange year. When he came back to Cologne he was sobered again, Robin says. But anyway, meanwhile he like’s living here. „Recently I’ve been in London. That was great. But I wouldn’t want to live there. There’s a lot going on, somehow it’s too much.“

Einmal war Robin auch in Istanbul. Direkt nach dem Abi hat er eine Interrail Reise gemacht.  Ganz früh morgens ist er mit dem Zug in Istanbul angekommen. Tod­müde ist er aus dem Zug hinaus- und in Istanbul hineingefallen.
Abends ist er von Beyoglu, wo er gewohnt hat, losgelaufen: am Bosporus entlang, über die Galata-Brücke rüber in die Alt­stadt, um den Topkapi-Palast herum und um die blaue Moschee. Er ist die ganze Nacht allein umhergewandert. „Morgens um vier bin ich im Basarviertel angekommen. In den vielen kleinen Strassen dort, wo es tagsüber so voll ist. Es war niemand da, alles leer. Und dann hat der Muezzin gerufen.“
Das war wieder so ein magischer Moment für Robin: „Ich werde das nie vergessen, dieses Gefühl, das war unglaublich.“
Nach Istanbul möchte Robin gerne noch einmal. Und gerne auch für länger.
Once Robin has been in Istanbul. Right after he finished school he went on  an interrail-trip. He arrived in Istanbul very early in the morning. He fell out the train, worn out, as he felt, and then he dropped into Istanbul.
In the evening he went out for a long stroll; from Beyoglu, where he stayed, he went along the Bosphorus, over the Galata Bridge to the old town, around the Topkapi Palace, to the Blue Mosque. He walked the streets for hours, all night long. „In the morning, at 4 am, I arrived at the Basar district, at those streets, which are so bustling at day time. It was all empty, no one around. And then the muezzin started his call.“
This was another magic moment for Robin: „I’ll never forget that, this impression, it was fantastic.“
So, Robin would like to go back to Istanbul once. Possibly for a longer stay.

27.04.2013

13 Comments

  • Bei dem jungen Mann fällt mir sofort Ideal "Blaue Augen" ein.

    Wieder mal ein tolles Portrait!

    LG Astrid

  • Sally sagt:

    Robin wirkt ein wenig wie aus der Zeit gefallen, man kann ihn stilistisch nicht einer bestimmten Dekade oder Gruppe zuordnen, was ich großartig finde.
    Ich frage mich wie alt er ist, er sieht so unglaublich jung aus.
    Und witzig, ich habe gerade hier in Berlin erst einen Artikel über die Dorfjungs gelesen und fand ihre Philosophie so schön.
    Außerdem, liebe Smilla, sind die Fotos mal wieder ganz toll, wie Du ihn in Szene setzt und wie Du Deine Bilder gestaltest und dann noch dieses sehr persönliche Gespräch zwischen euch.
    Danke fürs daran teilhaben lassen!
    🙂

  • Sehr schön dein Bericht und ein ungewöhnlicher Jugendlicher. Danke für Bericht und Bilder, ich mag deinen Blog sehr.
    Und das anoymen Kommentaren aus den Staaten habe ich zur Zeit auch sehr intensiv.
    Schönes Wochenende und weiter so !
    Tschüss
    Doris

  • noz! sagt:

    Liebe Smilla,

    was für ein wunderbares Porträt, nicht nur in Worten, vorallem auch die Bilder haben eine fantastische Magie, die ich wiederum gar nicht in Worte fassen kann.
    Ich wünsche Robin, dass er seine Zweifel beiseiteschieben kann und auf seine Stärken schaut.
    Wie meine Freundin neulich sagte: Stärken stärken und Schwächen schwächen.
    Wenn er denn so lange geduldig an einer Sache dranbleibt, dann ist dies doch ein großartiger Ansatz. Er hat Durchhaltevermögen und sein Weg ist im wahrsten Sinne das Ziel. Denn was er beschrieben hat, dass man sich am Ende fragt, ob es das jetzt so ist, das kenne ich auch. Der Prozess ist es, der mich reizt, nicht unbedingt das Ergebnis.

    Alles Gute Robin, du machst das!

    Liebe Grüße

    Katja

  • Anika P sagt:

    Sehr schönes Portrait, interessant geschrieben, Kompliment! Das Outfit gefällt mir sehr,… Es sollten öfter Männer in solche Klamotten steigen :)!

  • AnneS sagt:

    Obwohl er schon mit 9 aus London weg ist, sieht er wie ein Londoner aus, finde ich, so von der Farbkombination seiner Kleidung her, er würde dort gar nicht auffallen…

    Habe den Blog erst vor kurzem entdeckt und finde ihn richtig toll. Ich mag deinen liebevollen Blick auf die Menschen, der offen und nie bewertend ist. Und finde es ganz schön mutig, die Leute so auf der Straße anzusprechen.

  • Liisa sagt:

    Was für ein interessanter junger Mann und wieder mal ein feinfühliges und wunderbares Portrait in Fotos und Worten von Dir. Sag mal, rennen Dir nicht irgendwelche hochklassigen Magazine o.ä. dauernd die Tür ein, dass Du für sie Beiträge fotografieren und schreiben sollst?

  • brooke sagt:

    sehr schön!
    Sonja

  • Anna sagt:

    Der gelbe Gürtel, der auf dem zweiten Bild mit dem gelben Hintergrund eine Linie bildet – Smilla, Du Künstlerin!

    Die blauen Schuhe sind natürlich auch grandios! Ob die auf der ersten Techno-Party auch schon dabei waren? Auch wenn es für mich nicht der Techno ist, und auch wenn mich Musik nicht durch die Füße, sondern auf irgendeinem anderen Weg erobert, den ich nicht beschreiben kann, so kann ich doch dieses Magie-Gefühl in Bezug auf Musik sehr gut nachvollziehen!

    Auch Robins Zweifel und sein "Ich glaub, das würde ich nicht aushalten!" kann ich sehr gut verstehen! Und ehrlich gesagt sehe ich es überhaupt nicht so wie die Freundin von noz!; ich glaube nicht, dass Schwächen per se schwächen, sondern dass es eine der größten Stärken ist, seine Schwächen wahr- und in gewisser Weise auch anzunehmen, ohne sich aber von ihnen lähmen zu lassen!

    Smilla, Du magst doch bestimmt auch nochmals nach Istanbul fahren! Magst Du nicht vielleicht mit Robin gemeinsam fahren und dann schreibt Ihr gemeinsame Reiseberichte??

    Beste Grüße –

    Anna

  • Jan S. Kern sagt:

    Auch ich habe Deinen Blog vor nicht langer Zeit gefunden, und jedesmal, wenn ich schaue und lese, Bild und Text, (eine Kombination, die Dir sehr gut gelingt, finde ich) fühle ich mich bereichert.

    mit freundlichen Grüssen,
    Jan S. Kern

  • Oona sagt:

    Wieder sehr gelungen, liebe Smilla.
    Ich mag seinen Stil und ich finde, er sieht sehr "englisch" aus.
    Das Blau seiner Augen find ich beeindruckend.

  • Anonym sagt:

    Wunderbar, wieder einmal!

    Ich mag die zwei Bilder mit dem Stehen/Gehen vom grafischen Pflaster zum ungeordneten, der Schritt ins Ungewisse.

    Er wird seinen Weg gehen, ganz bestimmt, das macht er ja jetzt schon!
    Es gibt doch eh nicht diese Start-Ziel-Variante vom lernenden Menschen zum "fertigen" Menschen, das Leben ist doch sowieso von Anfang bis Ende ein Weg voller Spannung und Abenteuer. Und je mehr es der EIGENE Weg ist, umso besser.

    xxx
    Hilde

  • … dank Dir kann ich beruhigt sein, daß es noch immer mitunter kreative interessante oder einfach unheimlich sympathische junge leute gibt…danke für das vorstellen dieses interessante jungen mannes !

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