Wachsame Augen

Zwischen Beyoglu und Cihangir, den beiden Stadtteilen Istanbuls in denen sich die hiesige Szene zuhause fühlt, liegt Cukurcuma und wird von beiden Seiten langsam einverleibt. Dadurch steigen die Mietpreise und viele der hier ansässigen Bewohner können sich ihr eigenes Viertel schon nicht mehr leisten. Kemal ist Anti- quitätenhändler; wie die meisten hier. Ein Laden reiht sich an den nächsten, und ein paar Secondhand- und Retroshops sind auch dabei. Die Begegnung mit Kemal ist ausgesprochen herzlicher Natur, wenn auch das Gespräch trotz hilfsbereitem Spontan-Übersetzer schwierig bleibt. Immerhin erfahre ich dass er 84 Jahre alt ist und sein Nachname „Wachsame Augen“ bedeutet. Besonders wichtig scheint sein Geburtsort für ihn zu sein -Bayburt- denn auf meine Frage folgt eine längere Rede über diese Stadt und besonders ihren Fluss Coruh. Weil Ramadan ist kann mir Kemal keinen Tee anbieten; das bedauert er gestenreich. Über seine Fotos, die ich ihm in der Kamera zeige, freut er sich ungemein, und er bittet mich ihm Abzüge zu machen. Dann legt er seine Hand auf meinen Unterarm, blickt mir freundlich in die Augen und drückt ein paar mal fest zu. Zum Abschied kramt er mehrere Ringe aus der Hosentasche und schiebt mir einen davon auf den Finger. Es ist ein silberner Ring mit einem grünen Stein, und er schenkt ihn mir.
Between Beyoglu and Cihangir, the two parts of Istanbul where the so called scene is feeling at home, Cukurcuma is situated and is slowly getting annexed from both sides. Because of that the rental prices are increasing and some of the original inhabitants yet can’t afford to live here any longer. Kemal is antique dealer, like many others in this district. One shop is close to another, and some secondhand- or retroshops are inbetween. The meeting with Kemal is very warm-hearted, even if talking is a bit difficult, although a helpful man is trying to translate. At least I get to know that Kemal is 84 years old and his sur-name means „vigilant eyes“. Of enormous importance his birthplace -Bayburt- seems to be, because a speech of some length about the city and it’s river Coruh is the answer on my question. For the reason of ramazan Kemal can’t offer me some tea, which he regrets emphatically. He’s totally excited about his pictures I show him on my camera and he asks me to bring him prints of them. Then he puts his hand on my arm, looks graciously into my eyes and presses my arm warmly once or twice. As we say farewll he digs out some rings from his pocket and slips one on my finger. It is made of silver with a green gemrock and he gives it to me as a present.

12 Comments

  • Anna sagt:

    "Wachsame Augen" hat dieser Mann wirklich, das fiel mir als allererstes auf, noch vor der von Dir, Smilla, passgenau gewählten Überschrift, glaub' ich. Da fragt man sich, ob er erst diesen Blick oder erst seinen Nachnamen hatte!? Und dann schenkt er, der in einem für manche der Bewohner selbst zu teuren Viertel wohnt, Dir einen Ring und bedauert den nicht angebotenen Tee – da kann man sich nur verneigen, finde ich!

  • wow – ich beneide dich um dich begegnung mit diesem charismatischen, herzlichem mann!

  • dachbar sagt:

    Was für ein toller Mann, was für eine Weisheit aus seinen Augen strahlt. Danke, Smilla, und komm gesund zurück.
    Liebe Grüße,
    dachbar

  • Das klingt nach einer richtig schönen Begegnung.
    Und Kemal sieht aus wie mein Opa 🙂

    Viele Grüße von einer begeisterten Leserin,
    FibrePiratess

  • Isabel sagt:

    wow! Vielen Dank, dass du uns an deiner Istanbul Reise und an den wunderbaren Bebegnungen teilhaben lässt. Ich finde es sehr inspirierend und werde Istanbul in meiner Liste mit den geplanten Reisezielen deutlich weiter hinauf setzen.

    Ganz liebe Grüße aus Wien

  • Klickerklacker sagt:

    Du musst zur Gentrifizierung verlinken! Da hattest du doch schon mal was?
    So wird das hier allmählich zur Smillapedia.

    Ok, der trägt zwar auch Rentnerbeige (das Wort hab ich in der Faz von dir gelernt), aber die Geschichte ist so anrührend, die du erzählst…Taschentücher raus!!! Hoffentlich bekommst du genug zu essen, wenn da Ramadan ist?! Wie wird das da eigentlich gemacht?

    Wehrte Smilla, du bist deinen Fans, denke ich, schon nochmal mehr Infos schuldig, als nur die AA-Fotos hier. Bitte denke dir doch noch was aus, ja?

  • Rubenia sagt:

    tolle Bilder und eine schöne Geschichte 🙂

  • Liisa sagt:

    Meine Güte! Wie 84 Jahre sieht er nun wirklich nicht aus! Er wirkt auch auf dem Foto sehr sympathisch und Dank Dir (und ihm) hab ich auch gleich wieder was Neues gelernt, denn ich musste mich natürlich gleich erstmal über Bayburt schlau machen. Deine Istanbul-Serie ist einfach wieder großartig aber eigentlich sollte mich das nicht überraschen!

  • smilla sagt:

    Klickerklacker, das mach ich…mal ein bisschen mehr schreiben oder Bilder,,,aber erst mal muss ich zurück nach deutschland, denn hier finde ich nicht die Ruhe für ein resumee oder etwas in dieser Art; ich hab so viele Bilder gemacht, da muss ich erst mal durchsteigen…
    Hier bin ich eher immer unruhig und denke "raus, raus…raus in die stadt…"

    Anna, verneigt habe ich mich auch, und die Fotos hab ich ihm natürlich auch gebracht 🙂

    Isabel; ja, fahr hierher…es ist toll!

    Oh Liisa, vielen Dank :-), das freut mich, dass du das sagst. Ich komm hier nicht zum links setzen…das wird auch wieder anders… 🙂

  • Anonym sagt:

    Ich mag Portraits von Menschen, die gelebt haben. In denen ich "lesen" kann … Ganz tolle Aufnahmen!

    Herzlich
    Sabina

  • Anonym sagt:

    dieser alte weisheitsmann benötigt so gar kein seminar im stile von "finde deine mitte"- der gefällt mir SO gut- und dass ihm das keinen-tee-anbieten-können leid tat, glaub ich unbesehen…schön das!!!

  • Anonym sagt:

    Großes Lob, wunderschöne Fotos 😉 und toller Post.

    Der liebe Opa erinnert mich von seiner Art her (also so wie du das geschrieben hast) total an meinen Opa 😉 – wahrscheinlich nur mit dem Unterschied, dass er sich auf deutsch verständigen kann 😉

    ganz liebe Grüße
    http://streetfashionandmore.blogspot.com/

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