„… und??“

Seit September studiert Asuka für ein Jahr in Deutschland Germanistik. Ursprünglich kommt Asuka, (gesprochen übrigens ‚Aska‘) aus Yokohoma, das irgendwie zu Tokio gehören zu scheint. Wobei es Tokio als Stadt eigentlich gar nicht wirklich gibt; eine Wissenslücke, die zu schließen ich gestern das Glück hatte. Vielmehr handelt es sich um eine Metropolregion, die aus 23 Bezirken besteht; Yokohama steht aller­dings nicht in der Liste, die ich später im Netz finde. Das ist jedoch nicht der einzige Umstand, der mir vor Augen führt, das Japan ein Land ist, von dem ich, abge­sehen von ein paar Allgemeinplätzen, nur sehr wenig weiß.
Asuka hat mich neugierig gemacht, als ich sie auf der Straße gesehen habe. Und als ich dann mit ihr gesprochen habe, hat sie es noch einmal getan: nun bin ich neugierig auf ihr Land, aus dem Asuka gerne aus­wandern möchte.
Since september Asuka studies german studies in Germany. Originally Asuka (wich is pronounced Aska, by the way) comes from Yokohama, which somehow seems to belong to Tokyo, eventhough Tokyo doesn’t exist as a city itself; a knowledge gap I was happily able to fill yesterday. It’s more a metropolitan area, consisting of 23 counties.
Well, I couldn’t find Yokohama on the list I found later in the web, but not only this made me realize, that, besides some clichés, I don’t know too much about this country.
Asuka aroused my curiosity when I first spotted her on the street. And while I was talking to her, she did it again: now I’m curious to find out more about Japan, the country Asuka wants to leave.

Asuka ist neugierig auf Europa. Es fas­ziniert sie, dass so viele Länder sich zu einer Gemeinschaft zusammenschließen. In Japan sei das undenkbar, sagt sie. Zu sehr sei die japanische Politik darauf bedacht es einerseits den Amerikanern und anderer­seits den Chinesen recht zu machen. Weil Asukas Möglichkeiten sich auf deutsch aus­zudrücken ihr selbst nicht zu genügen scheinen, untermalt sie das Gesagte gestenreich und mimt ein Japan, das ängstlich und eilfertig zugleich nach links und rechst schielt und um Bestätigung heischt. Asuka ist mit dieser Politik nicht einverstanden und wünscht sich mehr nationalen Eigensinn.
Das sei aber aussichtslos, sagt sie, die Politiker würden immer nur reden und reden. Auch das stellt sie, Ungeduld ver­mittelnd, dar. Dann sieht sie mich an und öffnet ihre Hände zu einer fragenden Geste, die die enttäuschte Antwort gleich mitliefert: „… und?“ sagt sie, und es ist klar: Nichts ‚Und‘.
Weiter gehts, bitte hier entlang…
Asuka is curious about Europe. It fascinates her that so many countries come together to form a community. In Japan this is unimaginable, she says. The japanese politicians try to satisfy the Americans on one hand and the Chinese on the other hand. For the reason that Asukas opportunities to express herself in German doesn’t seem to satisfy her,  she underscores what she says by  gesticulating and miming a Japan, that both anxious and hasty glances left and right, asking for confirmation. Asuka doesn’t agree with this politics and asks for more national self-will.

But wishing this is hopeless, she says, the politicians would always just keep talking.  Asuka underlines this again,  showing impatience. Then she looks at me and opens her hands to a questioning gesture which includes the answer, yet: „Well?“ she asks.
Read more, please follow…



Asuka und ihre Freundin und Tandem-Studentin Janina

In Japan möchte Asuka nicht leben, denn für ihr Leben wünscht sie sich mehr als nur Arbeit. Dass die Arbeit das Leben in Japan beherrscht sei aber noch immer ganz normal. Schon während ihrer Schulzeit und dann auch während des Studiums hat sie an 5 Tagen der Woche gearbeitet um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das sei so üblich, sagt sie. Die meisten Universitäten seien privat und ein Studienjahr koste umgerechnet 10.000 Euro. Dieses Studien­geld zahlen in der Regel die Eltern, die darüberhinaus aber meist nicht noch mehr beisteuern können. Asuka erklärt mir, dass viele Eltern durcharbeiten und auf Urlaub verzichten um ihren Kindern ein Studium finanzieren zu können; ihr eigener Vater habe schon mehrere Jahre keinen Urlaub mehr genommen.

Ich frage Asuka, wie ihre Eltern es denn fin­den, dass sie gerne in Europa leben möchte. „Oh, da kann man nichts machen…“ phantasiert Asuka eine mög­liche Antwort (nicht ohne pantomimische Untermalung). In Japan sei es eben üblich, die eigenen Interessen zurückzunehmen. Niemals würden die Eltern sie also damit belasten, dass sie vielleicht unglücklich über den Weggang der Tochter sind.
Zudem schwärme ihre Mutter selbst für Euopa, sagt Asuka und könne sie sicher verstehen.

Ich frage Asuka, worin für sie die größte Herausforderung, der gößte Unterschied zwischen den beiden Kulturen liegt. „In Japan iat alles sehr indirekt, in Deutsch­land ist alles sehr direkt. Daran habe sie sich erst gewöhnen müssen und es ver­stehen lernen. Ein klares „Nein“ nicht als böse gemeinte Ablehnung zu sehen sei ihr zunächst schwer gefallen. Jetzt erlebe sie diese Andersartigkeit als Horizonterwei­terung, auch wenn die Direktheit für sie noch immer nicht normal sei und sie von Fall zu Fall erneut die jeweiligen Umstände reflektiere.
Auch gebe es in Japan nicht sehr viele Ausländer. In Deutschland treffe sie so viele unterschiedliche Nationalitäten, sagt Asuka. „Das ist toll.“

Wenn Asuka ihr Studium beendet hat möchte sie gerne in Europa noch weiterstudieren. Und dann möchte sie gerne in einem Beruf arbeiten, in dem sie bei der Verständigung zwischen verschie­denen Kulturen und Nationen mithelfen kann.
Habt ihr Lese- oder Filmtips, wie ich mich diesem, für mich nun so verlockenden, Land weiter nähern kann ohne direkt hinzufahren? Einen interessanten Blog habe ich bereits gefunden.

Asuka doesn’t want to live in Japan, because she has more aims in life than just work. But it’s still simply a fact that work dominates life in Japan. During her  schooldays yet, and also when she started to study, she was working 5 days a week to earn her life. That’s quite usual, Asuka says, for the reason that studying is very expensive in Japan. You have to pay about 10.000 Euros per year and mostly the parents are paying for this. So they are not able to support their children any further. Asuka tells me, that many parents keep on working, denying to take a vacation, just to enable their childs to study. Her own father didn’t take a vacation since years.

I ask Asuka, what her parents probably think of her wish to leave the country. „Oh, well, we can’t help it.“ she imagines an answer, gesturing again. In Japan it’s common to content oneself. So her parents would’nt ever burden her daughter with their sorrow. Besides her mother is keen of Europe herself and Asuka is sure that she’ll understand her.

I ask Asuka which, for her, is the most challenging difference between the cultures. „In Japan communication is very indirect, in Germany people communcate very directly.“ She had to get used to this and she had to learn to understand it. Not to understand a  clear „No“ as offense meant took her some time, and she still considers every single case.
Another point is, that there aren’t too may foreigners in Japan. In Germany she constantly meets people of so many nations and she likes it: „That’s great.“

When Asuka has finished her studies she wants to study further in Europe. And then she wants to find a work, where she can help to develop the understanding of different countries and cultures

01.02.2013

18 Comments

  • naekubi sagt:

    Hallo Smilla!

    Japan ist ein sehr faszinierendes Land – ich war letzten Sommer das zweite Mal dort. Ganz schamlos verlinke ich mal einen eigenen Blogeintrag über das Kiso-Tal dazu 😉

    Klick!

    Liebe Grüße, naekubi

  • mark sagt:

    Sympathische Person.

    Zu Japan habe ich einen Blog gefunden, der dir zum Stöbern vielleicht gefallen koennte. Schau mal hier http://martinemueller.blogspot.de/.

  • christiane sagt:

    Liebe Smilla, ich schicke dir mal den link zu einer deutschen Designerin in Japan, Benigna, ihr Label heißt BCOME http://biginjap.blogspot.fr/ das ist vielleicht nicht so informativ wie ein Text-Blog, aber schön anzuschauen.
    Ich mag die Bücher von Murakami. Und von Yoko Tawada, die in Deutschland lebt und deutsch schreibt – mochte ich besonders "Überseezungen" 😉
    liebe Grüße
    Christjann

  • Mim sagt:

    I wonder whether living in Germany has changed Asuka's style of dress. Isn't she adventurous! And so willing to talk about herself and her country.
    Some people say that there is really no such thing as a national identity. I wonder about that, too.

    All the best from South Beach

  • smilla sagt:

    Mim, yes, sin't she adventurous? And why am I so stuprid not to ask for this circumstance? Only to avoid this "fashion-blogger-thing".. Too bad.
    all the best to you, smilla

    Danke für eure inks bisher, die ich nach kurzer Sichtung mal als Direktlink setze.

    Leben in Japan

    Oh wie schön ist Kiso Valley

    I'm an alien in Japan

    Zu Fuß durch Japan

    Japan Almanach, Tabibitos Blog

    Ich werd mir die jetzt alle mal in Ruhe ansehen und freu mich drauf.

  • mo jour sagt:

    Smilla, guten Morgen,
    danke für die japanische Sicht auf uns 😉
    Ich habe ziemlich lange in Kyoto gelebt, dein Post weckt einige Erinnerungen.

    Kurzer Erklärbär: Yokohama (einst Fischerdorf, später Seehafen) und Tokyo gehören nicht zusammen, sind aber inzwischen so sehr miteinander verwachsen, dass man nicht mehr weiß, wo das eine aufhört und das andere anfängt. Yokohama ist Teil des Groß-Ballungsraums, aber kein Stadtbezirk von Tokyo.

    Lesetipp:
    "Mit Staunen und Zittern" von der wunderbaren Amelie Nothomb.

    o-genki-de!

  • Violine sagt:

    Ein Blog in und über Japan: Fujis Blog http://www.fujishimaitsuo.de/blog/

  • Sirigid sagt:

    Ich liebe Murakami auch und von Yoko Tawada habe ich noch nie gehoert.

    Vielleicht werde ich mir ein Buch von ihr, wenn ich wieder mal in Deutschland bin kaufen.

    Und ich werde mal sehen, ob sie in Amazon.com hier in den USA vielleicht ist.

    LG, Heide

  • Ich finde Asukas Outfit umwerfend, fröhlich und extrovertiert!
    Vor kurzem habe ich eine Doku über Japans Feuchtwälder gesehen. Für mich eine Urlaubsdestination, dich ganz weit oben rangiert, aber aufgrund der finanziellen Situation sicher noch ein Weilchen dauert.

    LG Tina

  • smilla sagt:

    Mojour; danke für die Erklärung. Ich hatte Asuka gefragt, wo sie lebt in Japan; da war ihre Antwort Tokio. Und als ich dannn später gefragt habe, ob sie mitten in Tokio wohnt, da sagte sie, sie komme aus Yokohama. Naja, und da ich spontan auf keinerlei Wissen zurückgreifen konnte, hab ich erst später gelesen, dass Yokohama selbst eine Millionen-Stadt ist (was mir irgendwie auch schwante…Naja, Geografie ist nicht meine Stärke.)
    Das Notomb Buch klingt sehr interessant, das werd ich mal in der Buchhandlung ansehen

    Christjann: Mit Murakami tu ich mich sehr schwer. Ich hab mal ein Buch angefangen und mich ziemlich durchgeqält. Dann haben mir ausgewiesene Murakami Fans gesagt, das sei ja auch das falsche Buch gewesen, um ihn kennenzulernen. Aber mir gings beim anlesen in der Buchhandlung immer wieder ähnlich, ich bin nicht recht warm geworden.
    Yoko Tawadas Überseezungen klingt toll, ich meine, allein in diesem Wort steckt ja schon soviel drin, dass man Lust bekommt, ihre Sprachreise mitzumachen, die dieses Buch ja wohl ist.

    naekubi; danke für deinen Kiso-Tal Bericht, aber auch für deinen Blog! Den abonnier ich jetzt mal, hab schon einiges gelesen und es überlege nun, eine Kokosnuss kaufen zu gehen. Hammer hab ich.

  • naekubi sagt:

    Freut mich 🙂 Kokosnüsse sind eine feine Sache, ich sollte auch mal wieder eine besorgen, solange es noch welche zu kaufen gibt (wann endet eigentlich die Saison?)

    Zu Yokohama: Die Cousine meiner Mutter lebt dort – es ist irgendwie schon eine eigene Stadt, aber der Großraum Tokyo ist zu einem derartigen Moloch von Stadt verwachsen, dass es schwer ist zu sagen, wo Yokohama aufhört und das Gebilde "Tokyo" anfängt.

  • Kinky sagt:

    Japan ist ein Land, dass ich bis heute nicht wirklich fassen und dessen Kultur ich immer noch nicht richtig begreifen kann – und ich habe Japanologie studiert.
    So wie Asuka gibt es, meinen Erfahrungen aus dem Auslandssemester begründend, viele Menschen. Gerade die jungen Menschen, die sich europäisch- und/oder amerikanisch-orientierte Studien widmen, bekommen sehr schnell den Freiheitsgedanken und die eigene Selbstbestimmtheit mit. Auch über den nicht seltenen Wunsch auszuwandern, bin ich bei japanischen Studenten sehr häufig gestolpert.
    Ich kann dir den bereits genannten Blog "Tabibito" sehr ans Herz legen. Wenn du jedoch mehr über Japan erfahren willst, machst du damit ein sehr großes und sehr tiefes Fass auf. 🙂 Ich verstehe so vieles bis heute nicht, finde es aber super, dass du mehr über dieses atemberaubende Land und deren unheimlich gastfreundlichen Bevölkerung erfahren möchtest.

  • Oona sagt:

    Es gibt einen Film, welchen ich sehr mag.
    Japanische Bestattungsrituale und das Leben. Ein Film (mit toller Filmmusik und schönen Bldern) der bewegt, interessant ist, sehr japanisch (nehme ich an) und … und er ist lustig und traurig. Letztlich aber – wie so oft beim "Thema" Sterben und Tod ziemlich lebensbejahrend.

    Guckst Du bei Interesse hier:
    Nokan – Die Kunst des Ausklangs

    http://www.youtube.com/watch?v=sGaU0k9fNJU

    Sloop lekker!
    Oona

  • Lexa sagt:

    Der Post gefällt mir. Die bilder sind hübsch geworden!

    Liebe Grüße, Lexa
    http://www.verliebtin.blogspot.de

  • Claudia sagt:

    Wa wundere ich mich, wo die ganzen Klicks herkommen und stoße auf diesen Eintrag – vielen Dank!

    Yokohama gehört zur Präfektur Kanagawa, die westlich von Tokyo liegt. In Tokyo gibt es dann die 23 Bezirke und einige zugehörige Städte. Insgesamt ist es aber ein Ballungsraum, so dass man, wenn man in der Bahn sitzt, nicht weißt, wo eins aufhört und das andere beginnt.

  • Steffi sagt:

    Ich wohne in Yokohama. Wie andere schon gesagt haben, sind Yokohama und Tokyo 2 verschiedene Städte, die aber völlig zusammengewachsen sind. Ich war vor kurzem auf dem Landmarktower in Yokohama, und man sieht einfach nur eine riesige Stadtlandschaft ringsum. Ich habe sogar den Tokyo Tower und den Skytree gesehen (beide in Tokyo).

    Die japanischen Filme, die es bis nach Europa schaffen, sind meistens Arthouse-Filme (oder Studio-Ghibli-Animes). Ich glaube es gibt in Europa diese Vorstellung, das Japan mysteriös und geheimnisvoll ist, und Filme wie der oben erwähnte "Nokan – Die Kunst des Ausklangs" unterstützen dieses Image, was ich etwas schade finde, denn in meiner Erfahrung ist Japan ein ziemlich normales Land, nicht besonders geheimnisvoll oder so, aber trotzdem sehr schön 🙂 Ich würde dir, was Filme angeht, deshalb eher etwas weniger Künstlerisches und mehr "Normales" empfehlen, wie z.B. "My Darling is a Foreigner" http://goo.gl/tJpzC oder die Miniserie "Freeter, Ie wo Kau". http://goo.gl/gmOHH

    Lieber Gruss, Steffi

  • smilla sagt:

    Steffi, vielen Dank, das sind wirklich gute Tipps, denen oich nachgehen werde. Ich glaube in deutschen (oder europäischen Köpfen) herrschen 2 Bilder vor; zum einen dass Japan etwas mystisches hat, wie du es beschribst, zum anderen, dass dort die Leute seltsame Sachen machen und immer nur arbeiten. In den Medien wird einfach sehr oft über skurriles berichtet. Dabei ist es sicher, genau wie du sagst, einfach auch bestimmt ganz 'normal' in vielen Bereichen.
    Mich erinnert das an den Film Leningrad Cowboys go Amerika, von Kaurusmäki. Da gibt es eine Szene in der die Cowboys irgendwo in Amerika total gelangweilt am Tisch sitzen, bis einer sagt: "Wann geht sie denn nun los, die Gewalt?"
    Offenbar war das eben das Bild gewesen, mit dem sie losgefahren sind. Dass in Amerika allerorten Gewalt herrscht.

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