Schwarze Sonne

„Im Sommer schwarz zu tragen ist gar nicht so leicht“ verrät mir diese Dame, die mich spontan an ein Gemälde von Modigliani denken lässt. Aber sie kann nicht anders und trägt nur und aus- schliesslich Schwarz: „Ich gehöre zu der Generation, die Juliette Gréco verehrt. Damit hat es viel zu tun, dass ich stets in schwarz gehe.“ Schwarz, die Farbe der Existentialisten, der Intellektuellen, der Kreativen; Juliette Greco hatte den Bei- namen „schwarze Sonne“, der dem Bild des nur morbiden, düsteren und abweisenden Schwarz eine erweiternde Dimension hin- zufügt. Schwarz zu tragen habe den Effekt, dass das wirklich individuelle eines Men- schen; sein Gesicht, betont wird, habe ich irgendwo gelesen. Das klingt puristisch und unaufgeregt, und so taucht wieder die Frage nach der Wechselwirkung auf; Beruhigt Schwarz den Träger? Leider habe ich der Dame auf dem Bild diese Frage nicht gestellt, wohl aber die übliche: „Was ist Ihnen wichtig im Leben?“ Ihre Antwort kommt nach kurzem Innehalten: „Ästhetik, Schönes.“
„To wear black in the summer isn’t always that easy“ this lady tells me. She spontaneously reminds me on a painting of Modigliani. She says she can’t help it, and so she wears only and exclusively black: „I belong to the generation who hold Juliette Gréco in veneration. That has a lot to do with my dressing-in-black.“ Black; the color of the existentialists, intellectuals, artists; Juliette Gréco’s sobriquet is „black sun“ and that adds a nice dimension to the image of the unapproachable, morbid and gritty black. Wearing black points out the individual part of humans; their faces. I’ve red this somewhere once, and I think it sounds becalming and puristic. And so the question of interdependence is coming up again: does black becalm the ones who wear it? Unfortunately I didn’t ask the lady on the photo. But of course I asked what’s important to her in life. She answered, after pausing to think for a moment: „Aesthetics, beauty.“
03.07.2010

27 Comments

  • Anonym sagt:

    Da ich 23 Jahre in der Kölner Altstadt Nord gelebt habe, achte ich unwillkürlich auch immer auf die Hintergründe Ihrer Fotos und habe oft das Gefühl, diese oder jene Ecke zu kennen. Jedenfalls steigert dieses Ortsgefühl meine freudigen Empfindungen, meine gute Laune, die sowieso von Ihren Fotos und klugen Texten ausgelöst werden.
    Aber vielleicht könnten Sie mir, einem kölschen Berliner, zuliebeab und zu mal einen Straßennamen einflechten. ??

  • Sally sagt:

    wow, was für eine präsenz…und ich mag ihre haarfarbe, ich glaub die will ich auch mal tragen und irgendwie würde ich gern in einigen jahren so aussehen…dasmit dem schwarz paßt schon mal, 90% meiner kleidung ist ebenfalls schwarz.
    🙂

  • sandra sagt:

    Hallo,
    ich finde, dass Menschen die immer schwarz tragen eine innere Ruhe ausstrahlen. Man achtet auch mehr auf Gesicht. Und ich denke auch somit auf den Menschen selber. Mir steht leider kein Schwarz. Sonst würde ich es auch gerne tragen. Ich sehe dann nur aus wie eine Leiche. Es muss schon passen.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Sandra

  • Natalie sagt:

    Alleine der Satz "…dass ich stets in Schwarz gehe" zeugt von großem Stil. Wunderschön!

  • Allerleirauh sagt:

    Hach, wieder so ein schönes Gesicht.
    Grüsse, Allerleirauh

  • smilla sagt:

    Lieber Kölsch Berliner; dies hier war am Apostelnplatz, der so nicht heisst, aber ich weiß tatsächlich nicht den richtigen Namen… Ecke Apostelnstrasse eben…
    Immer dazu zuschreiben wo das war kann ich mir nicht so recht vorstellen…ich denk mal drüber nach…

  • Anonym sagt:

    Ein wunderschönes Portrait! Diese Augen… und dieser wunderbare Kontrast des Blaus und des Rots…

    Und die Frau wirkt sehr sympatthisch und interessant..

    Larissa

  • prjanik sagt:

    Hach, hatte gerade überlegt, warum mir der Name Juliette Gréco etwas sagte…wir haben vor kurzem die "Belphigor"-Serie angeschaut und dort spielte sie eine der Hauptfiguren. Mein Schwiegervater schwärmte die ganze Zeit von ihr *g*

  • MiMiFreidel sagt:

    Ich trage oft Jeans aber (von den Jeans abgesehen) ist mein mmerKleiderschrank zu 98% schwarz.
    Ich finde das so praktisch, dass immer alles zusammenpasst!
    Leider leben ich auf nem kleinen Dorf … hier wird schwarz tragen automatisch mit Trauer verbunden. Bei mir hat man sich aber wohl inzwischen daran gewöhnt dass schwarz auch ausserhalb der Trauerzeit tragbar ist *smile*
    Liebe Grüsse
    Mimi

  • Anonym sagt:

    Ich mag schon ihre Kleidung, steht ihr gut, vor allem die fließenden, bequemen Formen. Aber was ihr am Wichtigsten ist ist Schönheit und Ästethik, damit konnte ich so ausschließlich nichts anfangen. Das hat wiederum von meinem ersten positiven Eindruck weggenommen. Andererseits fällt einem so auf die Schnelle ja vielleicht einfach nicht immer gleich was ein.

  • Schwarz zentriert. Ich finde es sehr ästhetisch und etwas theatralisch.
    Mir steht schwarz auch sehr gut, aber im Sommer liebe ich rot. Das Leben wäre mir nur in schwarz zu eintönig 🙂

  • Ulla sagt:

    … und es ist gut, dass sie schwarz trägt – es unterstreicht ihr wunderschönes Gesicht … sie sieht fabelhaft aus und es ist genau auch "meins".

    Sehr oft bin ich hier und lese, staune, schmunzel und manchmal hauche ich ein … WOW … wie jetzt gerade.
    Danke für dein tolles Blog. Du hast den Blich für das Besondere – Außergewöhnliche und deine "Schreibe" ist sehr sympathisch :o))

    Beste Grüße

    Ulla

  • smilla sagt:

    @anonym: mmh, was ist denn daran verkehrt? schönheit und ästhetik kann sich ja in allem finden..

    Ulla, danke sehr 🙂

    @prjanik; die kenn ich gar nicht, die serie, musste ich jetzt grade erst mal googeln…Lief die kürzlich im fernsehen, oder wo habt ihr sie gesehen? Und lohnt es sich? Es spukt im Louvre…

  • Klickerklacker sagt:

    Schwarz…Existentialismus…ich sehe direkt meine damaligen Klassenkameraden und -innen vor mir. Mit schwarzem Kaffee und zusammengesteckter Trauermine auf dem Raucherhof, jede Diskussion beherrschend…heute heißen die glaube ich Emo und diskutieren nicht mehr mit…
    ich kam mir damals immer zu blöd vor…

    Ich freu mich über die Abwechslung in der Antwort, vielleicht fragst du mal was ausser Gesundheit und Familie wichtig ist, weil doch die zweite
    Schicht besonder interessant ist (und die dritte, und die vierte….)
    …und dann noch, kluge Frau S.: die Kommentare
    hier wieder, allererste Sahne!
    Super Steilvorlage, absolut WM-Tauglich!!!

    Also die Abneigung gegen Ästhetiker kann ich verstehen. Das ist für mich persönlich ehrlich gesagt ein negativ besetztes Wort.
    Schönes kann ich unterstreichen!
    Schönes kann man überall finden, Ästetik sehe ich immer nur in künstlichen Nichtästhetischen Menschen/menschliches ausschließenden Zusammenhängen….
    hm…da denk ich jetzt wieder den ganzen Tag drüber nach…

    Ich freue mich über die Abwechslung in der Antwort…vielleicht fragst du mal, was neben Gesundheit und Familie wichtig ist, weil doch die zweite Schicht besonders interresant ist (und die dritte, und die vierte…)
    …und dann noch, kluge Frau: die Kommentare hier wieder: große große Klasse! danke für die Steilvorlage!

  • Henning sagt:

    Hier haben wir Belphégore mit Juliette Gréco besprochen:
    http://www.retro-tv.de/index.php?sendung=28
    Aus heutiger Sicht manchmal vielleicht etwas langatmig erzählt, aber trotzdem sehenswert.

    So gibt es sogar eine Verbindung zum gestrigen Bild… 😉

    Viele Grüße,
    Henning

  • mona lisa sagt:

    black is beautiful – immer, überall,auch wenn die Assoziationen anderer dazu sehr kontrovers sind!
    Für mich ist schwarz die "Farbe",

  • smilla sagt:

    Henning, danke für den Hinweis; wie nett! Das hab ich übersehen
    ich setz den Link hier noch mal zu direktanklicken, und werd ihn dann sofort benutzen 🙂
    Belphégore mit Juliette Gréco bei Retro-TV

    Mona Lisa, ich bin immer wieder erstaunt, dass sich zu bestimmten immer wieder andere Leser mit Engagement äußern, wie jetzt hier mit der Farbe schwarz, wo ja schon die eine oder andere Liebeserklärung abgegeben wurde.
    Das ist wirklich interessant; die Farbe, 8die ja keine ist, ich weiß…)scheint vielmehr ein Freund zu sein, bei jenen die sich bewusst dafür entscheiden.
    Aber dass das Strassenbild gerade in den kühleren Jahreszeiten von schwarz beherrscht wird kommt mir gar nicht immer wie eine bewusste Entscheidung vor, alos bei vielen, sondern wie eine Art "Winternorm". Ich persönlich find das schade; freu mich auch im Winter über Farben.
    Jetzt seh ich aber hier an den Kommentaren, dass es viel häufiger 'gewählt' ist, als ich so dachte.

    Klickerklacker; ich glaube ja das arme Wort Ästhetik wird so oft im Zusammenhang mit Nacktbildern verwendet ( die immer unbedingt Ästhetisch sein müssen, um allgemein gebilligt zu werden) dass dann am Ende dabei wirklich menschenfremdes herauskommt (will sagen retouschierte Playboybilder zB.). Damit tut man dem Wort an sich aber unrecht; ursprünglich geht es nämlich um sinnliches Wahrnehmen überhaupt.
    Ich hab die Aussage, dass Ästhetik wichtig ist eher als Freude am Wahrnehmen an sich verstanden, wodurch Empfindungen ausgelöst werden, und natürlich besonders am wahrnehmen von subjektiv stimmigen, harmonischen Dingen, Sachverhalten. Weil ich das aber auch alles nicht so genau weiss hab ich mal Wikipedia bemüht
    Ästhetik als Theorie des SchönenRichtig interessant wird es aber erst wenn man die Ästhetik des Hässlichen miteinbezieht;

    wie zB hier, gefunden bei der Sir Karl Popper Schule

    oder hier; ein Seminarangebot der Uni Leipzig von 2004

    Viel Spass beim Lesen 😉

  • Anonym sagt:

    Schönheit…

    es kommt ganz darauf an, was man persönlich darunter versteht.

    Unter dem Schönen verstehe ich das Glück im großen Sinne. Schön ist alles, was uns oder alles, was einen persönlich (das kann ja bei jedem unterschiedlich sein) glücklich macht. Und da das Leben nunmal nciht immer nur schön ist, ist es wichtig, auch in dunklen Zeiten, diese Schönheit nciht zu übersehen, nicht zu vergessen, dass es sie gibt, auch, wenn das schwer ist. Sie zu sehen, in kleinen, in großen Dingen..

    daran habe ich bei ihrer Anwort gedacht.. aber vielleicht versteht jeder etwas ganz eigenes, ihm wichtiges, darunter..

    Larissa

  • Anonym sagt:

    Ooh, Smilla, da ist mir noch etwas eingefallen…

    Ich bin der Kunst nämlich auch verfallen und habe vor einiger Zeit ein Buch über Ästhetik in den verschiedenen Epochen/Strömungen gelesen, in dem die verschiedenen Ansichten von Ästhetik zwar sehr kurz, aber dennoch sehr informativ und interessant zusammengefasst sind. Wo ich dir das so schreibe, fällt mir auf, dass ich das Buch selbst gerne nocheinmal lesen würde…

    mhh… das Buch war gelb-rot; ich verfluche mein gedächtnis! Ich schreibe dir Titel und Herausgeber, sobald er mir einfällt

    Liebe Grüße

    Larissa

  • Anonym sagt:

    Ich hab's:

    "Was ist Kunst?: Positionen der Ästhetik von Platon bis Danto" von Michael Hauskeller von Beck

    http://www.amazon.de/Was-ist-Kunst-Positionen-%C3%84sthetik/dp/340657386X/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1278239194&sr=1-1

    Larissa

  • smilla sagt:

    Larissa 🙂 danke, hatte es auch gerade schon gefunden, hier noch mal zum direktanklicken:

    Michael Hauskeller; Was ist Kunst – Positionen

    Das sind, wie ich gelesen habe, 16 Essays, die
    ursprünglich in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht wurden.
    Klingt wirklich interessant. Danke für den Tip!

  • Esra sagt:

    Deine Assoziation mit Modigliani ist sehr treffend!!

    Was Anonym stört bezüglich der Wichtigkeit von Ästhetik und Schönheit – ich würde das so interpretieren, dass, z. B. die Ästhetik der DInge nur dann genossen werden kann, wenn man beispielsweise satt ist 🙂 Also sprich, wenn existenzielle Bedürfnisse gedeckt sind. Deswegen wäre es sympatischer, wenn man sagen würde – das WIchitgste ist die Gerechtigkeit, oder sonst ein Faible für Werte zeigen würde, denn Ästhetik ist an sich kein Wert, sondern eher was Äußerliches, Interpretierbares…

    LG
    Esra
    http://nachgesternistvormorgen.netai.net/

  • Anonym sagt:

    http://www.dl.ket.org/webmuseum/wm/paint/auth/modigliani/modigliani.redhead-dress.jpg

    Wie recht du doch hast…

    Ich bemerke gerade, dass ich Modigliani bisher viel zu wenig Achtung geschenkt habe! Er ist ja ganz wunderbar!

    Larissa

  • Anonym sagt:

    Gern geschehen, Smilla !

    Larissa

  • Anonym sagt:

    Schwarz zieht an, gibt jedoch wenig ab … Das kann den Träger ermüden auf Dauer … Ich könnte nun einen Roman dazu schreiben. Aber das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Ich werde demnächst in meinem Blog über Schwarz schreiben.

    Lieben Gruß
    von der Farbberaterin

  • prjanik sagt:

    @smilla: die Serie haben wir vom Schwiegervater zum Gucken bekommen. Naja, der Anfang ist schon interessant…vom Ende war ich etwas enttäuscht. Vllt. gibt's auf youtube oder so Ausschnitte.

  • Mim sagt:

    The Lady in Black carries it off!

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