Raum im Raum

 

Sich fotografieren zu lassen ist für die meisten Menschen gar nicht leicht: viele stellen, kaum das man die Kamera auf sie richtet, unmittelbar das Atmen ein oder setzen eine Miene auf, mit der sie sich plötzlich selbst nicht mehr ähnlich sehen. Isabelle gestattet mir sie zu fotografieren, aber auch für sie stellt das eine Heraus­forderung dar.
Einerseits zu merken, wie man vor der Ka­mera abgeschnitten ist von der eigenen Selbst­verständlichkeit, und andererseits kaum eine Möglichkeit zu haben diese Selbstverständlichkeit wieder herzustellen, das birgt bisweilen eine gewisse Komik in sich, und so kann es beim fotografieren schon mal sehr lustig zugehen.
To get photographed isn’t that easy for most people: very often it happens, that people in front of a camera immediately stop breathing, or they put on an untypical expresssion, so they won’t look alike themeselves anymore. Isabelle allows me to take a picture of her, even though it’s a challenge for her, as well.
To realise that one is cut off from his naturalness on the one hand, and not to be able to recreate easily  it on the other hand somehow involves a special kind of humor, and so it happens that photo-sessions turn out to be very cheerful gatherings.

Ich mag das Foto von Isabelle sehr; unsere kleine Foto-Session habe ich beendet, direkt nachdem es entstanden ist.
Isabelle ist Innenarchitektin und betreibt zusätzlich ein kleines Bed & Breakfast in Oostende, nur einen Katzensprung vom Meer entfernt. Für drei Tage und zwei Nächte war sie meine Gastgeberin. Mit einer höchst angenehmen Mischung aus Präsenz und raumlassender Zurückhaltung betreibt sie ihr Reise-Zuhause, dessen Ausstattung und Einrichtung bis ins Detail Isabelles unangestrengte Handschrift trägt. Vielleicht ist es also nur folgerichtig, einen Menschen, den ich hauptsächlich über sein Tun und Wirken erfahren habe, über diesen Umweg vorzustellen, über Bande quasi.
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I really like the photo of Isabelle, I thought our photo-session was successfully finished right after I took it.
Isabelle is an interior architect and she also runs a small Bed & Breakfast in Oostende, only a stones throw away from the sea. For three days and two nights she has been my host. With a pleasurable mixture of presence and space-giving distance she manages her guest lodging, and its furniture and decoration carries her easy-going thumbprint in every detail. So maybe it’s just consequent to introduce a person who I mostly witnessed through the space she provides by showing exactly this, in an indirect way, so to say.
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Wenn Isabelle ein Haus oder eine Wohnung umbaut oder einrichtet, dann hört sie zunächst ihren Kunden sehr gut zu: wie leben sie, was sind ihre Wünsche: „Ich hatte eine Kundin, die immer viele Gäste hat. Alles sollte darauf ausgerichtet sein, dass die Gäste sich unkompliziert wohl­fühlen können. Oder manchmal ist eine tolle Bausubstanz vorhanden und dann ist es vielleicht gar nicht nötig viel zu ver­ändern. Mir geht es nicht darum, allem einen persönlichen Stempel aufzudrü­cken.“
When Isabelle rebuilds or decorates a house or an appartment she first listens to her clients very well: how do they live, what are their needs and wants: „I had a client who invites guests very often. So everything should be prepared that her guests could easily feel very comfortable. Or sometimes there is a good structure existing, so theres no need for big changes. For me it’s not important to put my mark on everything.“

In den ganz unterschiedlich gestalteten Räumen ihres Bed & Breakfasts ist es Isabelle gelungen, noch Platz für den Gast zu lassen. Weder sind die Zimmer anonym wie ein Hotel, noch so überindividuell, dass man sich darin wie Publikum fühlt. Der Gast ist sozusagen die sinnstiftende Kom­plettierung im stilvollen Interieur. Das muss man erst mal hinbekommen.
In the rooms of Isabelles Bed & Breakfast, which all are decorated differently, Isabelle succeeded to leave enough space for her guests. Neither are the rooms as anonymous as in a Hotel, nor are they over-customised, which could make  guests feel like an audience. Guests are the consequent completion to the stylish interior. To my mind that can’t be taken for granted.

Kurz vor meiner Abreise habe ich einen zweiten Versuch unternommen, Isabelle zu fotografieren. Diesmal habe ich viel Abstand gehalten, um mit meiner Kamera ihre Kreise nicht allzu sehr zu stören.

Shortly before I had to leave I took another chance to take a photo of Isabelle. This time I kept distance, so as not to disturb her personal space too much with my camera.

Nach Oostende wurde ich von Flandern Toursimus eingeladen, die freundlicherweise meinen Aufenthalt und die Anreise bezahlt haben. Vielen Dank dafür! Allerdings liegt mir persönlich sehr daran zu betonen, dass ich Isabelle ganz und gar freiwillig hier vorstelle und das ich diesbezüglich nicht etwa einer Verpflichtung nachkomme. 

8 Comments

  • danke für die symphatische vorstellung. wunderbar geschrieben.
    und in der rolle der fotografierten, erkenne ich mich wieder. genau so ist es. ich gehöre also auch zu den meisten menschen.

    schönes wochenende,
    tatjana

  • Oona sagt:

    Was für ein entzückendes, schönes und so ansprechendes B & B !!!

    Fotografiert zu werden ist schon ein merk-würdiges Gefühl.
    Interessanterweise sehen sich viele Menschen auf Bilder anders als im Spiegel, in welchen sie täglich schauen.
    Bekannt und berüchtigt sind ja Urlaubsfotos. Wo eine draufschaut und sich denkt: "Ich muss zum Frisör." oder " Wann ist dieser Oberarm gewachsen??" oder so.
    Es ist ein spannendes Spiel mit der Kamera. Ob nun dahinter oder davor.
    **
    Wunderbar, dass Du hoffentlich bald (und gut bezahlt !) erneut verreisen darfst und uns darüber den einen oder anderen Einblick in den Landstrich Flandern gewährst.
    Viele liebe Grüße
    Oona

  • Anna sagt:

    Frappierend, wie gebührend gehaltener Abstand ein Sich-öffnen des Gegenübers ganz offensichtlich unterstützen kann (Vergleich erstes und letztes Bild.)!

    Mir scheint, Gast und Gastgeberin hatten einiges gemeinsam – worin auch immer sonst noch und auf jeden Fall in ihrer Art, Menschen (egal ob Gast, Kunde oder ohne Deklaration der "Rollen") zu begegnen.

    Danke für dieses schöne Portraits nach langer Zeit der Abstinenz für Schreiberin und LeserInnen!

  • smilla sagt:

    Oona, interessant finde ich, dass auch Menschen vor dem Spiegel, bzw ihr Blick in den Spiegel oftmals anders ist, als ihr natürliches Alltagsgesicht. Das ist ja auch so ein spezieller Moment, der irgendwie künstlich in die Länge gezogen wird, genau wie ein Foto. Und mir fällt das immer wieder auf, wenn ich Menschen vorm Spiegel sehe, wie „anders“ deswegen das Spiegelbild ist. Also ich meine jetzt nicht Umkleidekabinenspiegel oä, eher den alltäglichen Blick in den Badezimmerspiegel zum Beispiel.

    Und was die Bezahlung angeht: eine Einladung – sofern sie mir meine Unabhängigkeit lässt – sehr gerne. Aber bezahlt werden, das möchte ich gar nicht, was diesen Blog betrifft. Das haut in meiner Vorstellung nicht hin und passt nicht zusammen mit der persönlichen Leidenschaft, mit der ich das hier mache und mit der ich unkorrumpierbar bleiben möchte.

  • smilla sagt:

    Danke Tatjana, ich gehöre übrigens auch dazu. Innerhalb dieser riesigen Gruppe gibt es aber auch wieder sehr viele individuelle Ausprägungen 🙂 Die Befremdung durch eine Kamera ist quasi nur der kleinste gemeinsame Nenner.

  • Oona sagt:

    Da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Verzeih. Ich meinte, dass "sie" Dich gut bezahlen sollen für das (Fotografie oder Tourismuswerbung oder so), was Du "ihnen" – also denen, die Dich einladen – anbietest.
    Das ist doch nicht das, was Du hier postest, oder?
    Dann habe ich was völlig falsch verstanden…
    Natürlich !! ist Dein Blog unbezahlbar :O)
    Grüßilie
    Oona

    (Erwähnte ich, dass ich mich schwer konzentrieren kann auf Grund der Erkrankung?? Etwas muss ja Schuld sein. *lach*)

  • Sonja Zimmer sagt:

    Super toll in Wort und Bild! Sehr schön!
    LG

  • Anna sagt:

    Ich glaube, jetzt weiß ich, was mir am ersten Foto so gefällt: Isabelle verbirgt ihr Gesicht nicht etwa hinter ihrer Sonnenbrille, sondern hinter ihren Händen. Irgendwie wirkt genau das sehr "anwesend" auf mich!

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