Neulich so in Rotterdam – oder vom unbeschwerten Dribbeln

Blick aus dem Hotelfenster vom De Rotterdam in luftiger Höhe

So. Das neue Jahr hat kaum angefangen, da blogge ich einfach mal kopflos was dahin. Es ist nämlich so, dass ich, sobald es um meinen Blog geht, viel zu viel nachdenke. Soviel zumeist, dass ich vor lauter Grübeln, Zaudern und Zweifeln zu gar nichts mehr komme, schon gar nicht zum Bloggen.

Es ist beinahe wie ganz am Anfang; damals im März 2009. Da hab ich nach ausgiebigem Anlauf in einer gefühlt wagemutigen Stunde bei Blogspot Nägel mit Köpfen gemacht (ähem, Wörter getippt und Enter gedrückt) und diesen/dieses (ich weiß es nach all den Jahren noch immer nicht, wie es nun wirklich heißt) Blog eingerichtet.

Ich hatte damals eine Chaiselongue, die war antik und grün. Darauf saß ich, natürlich grübelnd. Ein Blog-Name musste her. Als ich den gefunden zu haben glaubte (eine Entscheidung, die ich viele Male bereut habe, genau wie meinen Einzug bei Blogspot) war ich vom vielen Denken zu erschöpft um mich den entmutigenden Stimmen, die in meinem Kopf seit jeher ein behagliches Zuhause haben, zu stellen.
Es war also quasi alles bereit (Layout,Name, Thema…), bloß ich nicht. Über ein halbes Jahr hat es noch gedauert, bis eine, in meinem Erleben furchtbar entblößende Situation stattgefunden hat, nach der ich mich am liebsten nur noch unter besagter Chaiselongue verstecken wollte. Meine Scham, deren Anlass ich heute übrigens kaum noch rekonstruieren kann, war derart groß, dass ich mit Fatalismus reagiert habe. So kam mir plötzlich folgender Gedanke in den Kopf: dann kann ich ja jetzt auch den Blog mal öffentlich machen und zeigen. Zeigen, was ich so tue, was ich mir so ausgedacht habe. Dann ist es eben schlecht, na und!?

So war das damals. Allzu weit entfernt bin ich vom damaligen Grübelgrad nun nicht entfernt – seit einer sehr großen Weile übrigens schon. Was sich ja an der Frequenz der erschienenen Posts deutlich ablesen lässt.
Gelernt hab ich offenbar aus der Vergangenheit das Entscheidende nicht: im Tun wird ebendies womöglich besser. Durch Zaudern nicht.

„2017 – das Jahr des NICHT-Jammerns“, so schrieb mir heute Niels – der übrigens für sein unfassbar tolles Ganz Köln-Projekt tatsächlich ganz Köln abläuft, Fotos macht und Dinge dazu schreibt.
Ich, die gerade wieder die Blog-Problem-Schleife etwas fester zurren wollte, habe sofort innegehalten und direkt mal das erstbeste Störfeuer umgeleitet – in: Bloggen ist einfach – einfach losbloggen. Ist ja Irrsinn, nicht wahr, sich so vom eigenen Blog selbst beschweren zu lassen. Unbeschwert soll es sein, das Bloggen. Locker hingedribbelt. Oder so.
Nicht dass ich beim Schulsport früher beim locker hindribbeln ganz vorne dabeigewesen wäre, aber lassen wir das …

Weiter gehts, bitte hier entlang …

Der Baukomplex De Rotterdam von Rem Koolhaas
Nun zeige ich in meinem Blog ja gerne und verlässlich Fotos. Also hab ich mal eben, zack, aus meinem aktuellen Foto-Archiv Bilder aus Rotterdam zusammengestellt. Dort war ich neulich zu viert, ein Umstand, der die Zusammenstellung der Fotos etwas beliebig wirken lassen mag; immerhin sind auf den meisten Fotos meine drei Reisebegleiter, die ich hier möglichst nicht mit reinziehen möchte, so dass die Auswahl überschaubar war.

Rotterdam ist eine Stadt, in der ich mich auf Anhieb erst mal gründlich unwohl gefühlt habe. Das mag auch am Hotel und der dortigen Bar gelegen haben, in der wir vier – alle einigermaßen überarbeitet – an einem „Alle-so-yeah“-Freitagabend einfach falsch waren. Mindestens ich bin durch derlei Außenwelt-Störungen mitunter tatsächlich zu beirren, so dass ich mir den Abend mühsam erspielen musste.

Wie wichtig das richtige Schuhwerk für zum Beispiel ausgiebige Stadtspaziergänge ist, konnte ich mir am folgenden Tag vom eigenen Fuß (hauptsächlich dem rechten) schmerzhaft vor Augen führen lassen. Wir sind viel und weit gelaufen und haben Architektur besichtigt. Das ist relativ leicht in Rotterdam, man muss einfach nur irgendwohin gucken, schon ist Architektur.
Ich schreibe das natürlich absichtlich so salopp; immerhin kann man das ja eigentlich über jede Stadt sagen. In Rotterdam versammeln sich aber architektonische Ideen unterschiedlichster Couleur auf relativ engem Raum, und nicht immer bezieht sich die eine Idee auf die unmittelbar danebenliegende. Für Architekten, die nach Fertigstellung ihres Bauwerks wieder nach Hause reisen dürfen mag das ok sein, für die Bewohner einer Stadt muss das nicht unbedingt gelten. Aber das ist nur meine laienhafte Meinung, die sich ganz aus meiner gewählten Menschen-Alltags-Perspektive nährt. Würde ich mit intellektuellerer Brille durch die Stadt gelaufen sein, wäre meine Beschreibung sicher anders – die Stadt als Museum und so.

Immerhin kann ich mir gut vorstellen, nochmal alleine mit der Kamera nach Rotterdam zu fahren. Alleine reisen, laufen, gucken kann den Blick und die situative Offenheit deutlich verändern, und man fällt auch den anderen nicht dauernd zur Last mit spontanen Richtungswechseln, die intuitiv zwingend erscheinen, wobei sich diese inneren Eingaben sowieso meist nur einstellen, wenn man alleine unterwegs ist. Bei mir zumindest ist das so.
Ich würde dann auch ein anderes Hotel wählen, wobei ich sagen muss, dass ich froh bin das De Rotterdam (Das Hotel heißt wie der Bau) kennengelernt zu haben. Es gibt zudem einen tollen Fotoband von Ruud Sies über die Entstehungsphase, die in mir ein inneres Begehren (jawohl) geweckt hat, auch ein so langangelegtes Bauprojekt fotografisch begleiten zu dürfen.

Hier soll nun textlich gesehen Schluss sein, für heute ausgedribbelt quasi. Spaß hats gemacht. Und das war ja der Plan.

12 Comments

  • uli sagt:

    Es heißt definitiv "das" Blog, selbst wenn der Duden auch die maskuline Form zulässt und die Journaille beharrlich "der Blog" schreibt. Das Ursprungswort ist das Weblogbuch, kurz: das Weblog, kurz: das Blog. Kein Blogger aus den frühen Jahren würde jemals "der Blog" sagen, frag Johnny Haeusler. Auch die Wikipedia verwendet die sächliche Form.

  • Anna sagt:

    Ich geh' jetzt gleich nach "Psssssst!!", wo und was das in Rotterdam ist, weiß ich nicht, für mich ist es gerade einfach gleichbedeutend mit meinem Bett. Aber vorher muss ich noch rufen, also möglichst laut in die Tasten tippen: Hurra! Herzlich willkommen, lieber (Blog) "anders-anziehen" im Jahr 2017! Wie schön, dass Du da bist! Grüß Deine Autorin herzlich von mir! Auf bald – liebste Grüße von einer Deiner LeserInnen: Anna

  • Schnitzel sagt:

    Gedribbelt, angetäuscht, verladen, gepasst, passt: THRRREEEEE POINZZZ!
    Und Rebound … stepstep … DUNKing!
    Welcome back and thanx, was für schön bunte komische Häuser.

  • Liebe Smilla,
    ich freue mich über jeden Ihrer Posts.
    Ihr gutes Auge: Momente ein zu fangen, Ihr Gespühr für Menschen und deren Geschichte berühren mich jedes Mal, oft für Tage.
    Alles Gute und Mut zum bloggen !

  • Micränsche sagt:

    Hab mich sehr gefreut, wieder von Dir zu lesen (und zu sehen).
    Bitte weiter so und viel öfter!!!!
    Liebe Grüße, Juliane

  • Oona sagt:

    Vieles zu "vergrübeln" kommt mir sehr bekannt vor. Am Ende macht eine dann womöglich nichts. Unteranderem weil ich vom "drübernachdenken" in eine Ermüdungsphase gekommen bin, die leider länger dauert als der vormals berauschende Impuls.
    Perfekt und gut und richtig. Daran arbeite ich gerade. Also, dieses viel weniger sein zu wollen.
    Hauptsache es flutsch und es wird gedribbelt. Freude haben.

    Auf jeden Fall freue ich mich von Dir zu lesen und dazu noch Bilder anschauen zu dürfen, von einer Stadt, die vorher gar kein "Gesicht" hatte. Gut zu wissen, wo ich auf jeden Fall nicht hinfahren möchte.

    Ahoi
    Oona

  • Liisa sagt:

    Ich versteh Dich so so gut und kenne den Kampf, sich zum einfach machen durchzuringen, wenn der Kopf ständig grübelt und "Ich möchte lieber nicht" vor sich hin murmelt. Umso mehr freue ich mich, hier wieder was von Dir zu lesen und wieder neue Fotos von Dir zu sehen.

    Weiterdribbeln, einfach weiterdribbeln!! <3

  • Heidi sagt:

    Liebe Smilla,

    danke für dieses tolle Posting. EInfach drauflosgeschrieben, mit Leichtigkeit. Mit gehts wie dir, mache mich momentan rar mit der Schreiberei, weil eben der Kopf denkt, er sollte was Lesenswertes fabrizieren, mehr der Kopf, als Herz und Bauch ist da momentan der Bestimmer. – Tolle Fotos, Was für Gebäude – und so schön geschrieben, geschrieben von einer, die einfach drauf losgelaufen ist. – Allein auf Fototour zu gehen wäre manchmal ratsam, – welcher Fotograf kennt das nicht, stehen bleiben, mal eben um die Ecke laufen, Richtungswechsel – das macht man am liebsten allein.
    Freue mich, hier wieder lesen zu können. -übrigens ist Dein Blog einer meiner liebsten. Deine Fotos von Menschen von oben bis unten sind so aus dem Herzen geschrieben-

    LG Heidi

  • Mich freut es sehr, liebe Smilla, von dir und deiner Weltsicht wieder etwas lesen und sehen zu können. Danke!
    Herzlichst, Andreas

  • Ach schön! Mach weiter, ja?
    Rotterdam kann man sich auch prima langsam von außerhalb annähernd erschließen. Eine gute Ausgangsbasis dafür ist die Villa Augustus 🙂

  • Wunderbar !! Ab jetzt les ich mit…Freude ! Grüsse von Mareike

  • André sagt:

    Was für tolle Bilder!!!! Großes Kompliment 🙂

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