Lifetime Mod

„Ein richtiger Mod zu sein ist keine Phase sondern eine Lebenseinstellung.“ George hat sich in seiner frühen Jugend ent­schieden ein Mod zu sein: „Es war die Musik, die man vorher noch nie gehört hatte, die Haltung dem Leben gegenüber.“ Mods wollten nicht das vorhersehbare und durchgeplante Leben ihrer Eltern wieder­holen: „Wir wollten frei sein und die Dinge so machen, wie wir sie richtig fanden. Und auf keinen Fall so leben wie unsere Eltern.“
George war in den frühen 60igern eigent­lich noch zu jung für die Clubs. „Aber ich hab 4 Brüder, alle waren Mods, da bin ich überall mit reingekommen.“ Für seine Eltern sei das sicher nicht leicht gewesen, sagt George, der heute selbst Vater ist.
Das viele ausgehen, die Kleidung, die Dro­gen, der Roller, all das hat ganz schön viel Geld gekostet. „Wir haben alle gearbeitet. Man konnte kein Mod sein und nicht ar­beiten.“ Ich frage George, wo der Unter­schied war zu seinen Eltern, die ja auch immer gearbeitet haben. „Es ist nichts falsch daran zu arbeiten. Sich klein zu fühlen und einer Art Lebenslandkarte zu folgen schon eher.“ erklärt er mir.
„Being a real mod isn’t a part-time decision, it’s a matter of life.“ George made his decision to be a mod in his early youth: „It was about the music we’ve never heard before, it was about the attitude to life.“ Mods didn’t want to repeat the predictable and well-ordered life of their parents: „We wanted to be free and to make things as we accepted them to be true. And of course we didn’t want to live as our parents did.“
Actually George was a bit too young in the early sixties for entering the clubs. „But I have 4 brothers, all of them were mods, so it wasn’t too much of a problem to vist the clubs.“ For his parents the situation probably wasn’t that easy, George, who is a father himself, admits.
Going out, the clothes, drugs, the scooter, a lot of money went on that. „We were all working. You couldn’t be a mod, if you didn’t work.“ I ask George what’s the difference to his parents, who needed to work, also. „There’s nothing wrong about work at all. To feel humble or to obey a predefined life-map however is.“

Die Kleidung, das Aussehen, die Musik und der Roller, all diese Symbole und Möglich­keiten des Selbstausdruckes waren wichtig, um einen Platz im Leben zu finden mit dem man sich identifizieren konnte, an den man glauben konnte. George hatte 4 oder 5 Anzüge, jeder einzelne für ihn persönlich maßgeschneidert. „Und der Parka natür­lich. Der war wichtig, weil man mit dem Roller ja oft liegengeblieben ist, dass dann der Anzug geschont wird.“ Das war natürlich alles nicht billig. „Kennst du diese Bowling-Schuhe, die man früher getragen hat?“ fragt er mich. „Die fanden wir toll, aber sie waren zu teuer. Wenn man bowlen gegangen ist, konnte man sie sich ausleihen. Also sind wir bowlen gegangen. Wir sind rein, haben unsere alten Schuhe dort gelassen und sind wieder raus. So haben wir das gemacht.“
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The clothes, the style, the music and the scooter, all these symbols and opportunities for selfexpression have been of importance to live a life which they could deem worthy, they could identify with. George owned 4 or 5 suits, every single one was custom-made for him. „And a parka, of course. That was neccessary, because the scooter broke down every once in a while, so the suit wouldn’t get harmed.“ All this cost a lot of money, of course. „Do you know these bowling-shoes of those days? “ George asks. „We thought they were really cool, but we couldn’t afford them. If you went to play bowls you could loan them. So we went to the bowling centre. We went in, dropped our own old shoes and then we left again. That’s how we managed it.“
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Seine Jugend hat George in London ver­bracht, heute lebt er in Brighton. Für unser Gespräch waren wir verabredet, denn ich habe auf der Suche nach einem Menschen, der die Brighton-Mod-Ära miterlebt hat ein wenig herumfragen müssen. George sei ein Mod gewesen, sagt Andy: „Jedenfalls er­zählt er immer davon.“ Ich bitte George ein paar Fotos mitzubringen und seinen Parka, denn er sagt, dass er immer noch einen hat. „Nein, Fotos, das wird nichts. Wir hatten nicht alle ein Handy oder eine Kamera mit der wir uns fotografieren konnten.“ Und auch seinen Parka bringt er nicht mit, schliesslich besuche ich ihn bei der Arbeit und da würde der Parka unter Umständen Schaden nehmen.
George has spent his youth in London, today he lives in Brighton. We made an appointment for the interview, because I needed to ask quite some people to find someone who has been a Mod himself during the Brighton-Mod era. Geoge used to be a Mod, Andy said: „At least he keeps on talking about it.“ I ask George to bring some photos of those days and his parka, because he told me, that he still has got one. „No, no photos, no chance. We didn’t have mobiles or cameras we could take photos of us with all the time.“ And he didn’t bring his parka either, for the reason that I visited him at work, and the parka could have gotten dirty.

George ist ein guter Erzähler, der beim reden überlegt und jede Antwort, jeden Satz wohl abwägt. Und er stellt Fragen. Ihn interessiert, warum ich interessiert bin. Ich erkläre ihm, dass ich mich selbst nie von einer bestimmten Gruppe oder Szene stark oder ausschliesslich angezogen gefühlt habe. Dass ich als Jugendliche, verwirrt und überfordert von so einigen Lebens­widrigkeiten beim Gedanken an Drogen oder Exzesse schlicht Angst hatte, dann komplett den Boden und den Überblick zu verlieren. George hört zu, mit ernsten Augen und sagt schließlich, das sei ja nichts Schlimmes. Wichtig sei, dass man auf sich selber höre: „Pete Townshend hat gesagt ‚I hope I die befor I get old.‘ Das ist wahr, ich denke, er hat damit gemeint, dass man nicht aufhören darf auf seine eigene Stimme zu hören. Das hat er mit alt werden verbunden, dass man aufgibt.“
George is a very well story teller; he keeps considering while he talks and he ponders each answer and word. And he asks questions. He’s interested in why I’m interested. I explain that I myself never was exclusively attracted by a special scene or group. I was  a confused teenager, overchallenged by some adverse circumstances of life, and the idea of taking drugs or participating in excesses simply frightened me, fearing that I would become lost completey or that I could lose track.
George listens mindfully and then he says, that there’s nothing wrong about that. That it’s of importance to listen to oneself: „Pete Townshend said ‚I hope I die before I get old‘. That’s true, I think he wanted to express that people should never stop to listen to one’s own inner voice. He thought getting old would mean to surrender.“

Ich frage George, warum Jimmy in Quadro­phenia so maßlos enttäuscht ist, als er sein Idol, den Rebellen Ace, gespielt von Sting, als diensteifrigen Liftboy im Hotel arbeiten sieht. „Ich glaube, weil er eine in sich gespaltene Person war. Er wollte Mod sein und anders und gleichzeitig hat er sich aber einen Helden gesucht. Der dann gar keiner war. Er hat nicht in die Welt gepasst aus der er kam, aber auch nicht in die, die er sich ausgesucht hat.“
George fühlt sich auch heute noch als Mod, auch wenn er nicht mehr so viel Geld für Kleidung ausgibt. Trotzdem weist er mich draufhin, dass er ja schließlich gerade Arbeitssachen trägt. „Ich bin immer interessiert an Neuem, neue Musik, neue Ideen, ich bin offen.“
I ask George, why Jimmy in Quadrophenia is so extremely disappointed when he sees his idol, the rebel Ace, working as an most obliging lift boy at a hotel. „I think because he was a devided person. He wanted to be a Mod, he wanted to be different, but at the same time he was looking out for a hero. Who turned out to be no hero at all. He didn’t fit into the world he came from, but he didn’t either fit into the world he picked for himself.“
George still feels like a Mod, venthough he wouldn’t spend taht much money for clothes anymore. Nonetheless he points out that he’s wearing his working clothes while we talk. „Im always interested in new things, new music, new ideas, I’m open-minded.“

Note: I’ve written down the quotes after we talked, so please excuse all the mistakes I probably made.

10 Comments

  • Mr.Wilson sagt:

    Wunderbar. Der Mann ist jung geblieben. Seine Interpretation der Zeile aus My Generation bringt es auf den Punkt.

  • Oona sagt:

    Danke für diesen Post. Das kommt für mich gerade recht. Die Dinge tun, die man wirklich tun will.
    Dafür bedarf es Mut und Offenheit.

  • Mim sagt:

    A determined expression. Did he surprise you? I would never have taken him for a former mod.

    Greetings from Boston

  • kaltmamsell sagt:

    Großartig. George werde ich nächstes Mal in Brighton ganz sicher suchen gehen (um ihn dann von der Ferne anzublinzeln).

  • smilla sagt:

    Mr Wilson, ich hab mich mal für deinen 2 kommenatr entschieden, obwohl der andere auch nicht schlecht war 🙂
    Ja, wo du so das Lied benennst; ich hätte den Post nachträglich lieber "The real me" gennannt.

    Kaltmamsell, also sein Job im Fishing Museum war nur temporär, trotzdem, wenn du ihn siehst: beste Grüße!!

    Mim; well, yes and no. I was so curious to see a photo, but finally I tried to imagine him as a young mod, and in a way this was easy. He looks so british and somehow his eyes look a bit like Jimmys eyes.
    all the best to you Mim, I hope you are doing fine!

  • Anonym sagt:

    Kein Kommentar, sondern noch ein verspäteter GLÜCKWUNSCH zum 3-jährigen BLOG-JUBILÄUM – bzw für das Geschenk, das Du/Sie, liebe Smilla, uns, den Lesern, damit machst!!
    Herzlichen Dank und noch viele ERFREULICHE BEGEGNUNGEN – ob real oder virtuell!
    Herzliche Grüße aus München von Heike!

  • Anonym sagt:

    Ich kann den Film Brighton Rock (Originalfassung) empfehlen, er spielt in Brighton in den Sechzigern (anstatt wie im Buch von Graham Greene in den 30ern). Gedreht ist er in Eastbourne gleich um die Ecke von Brighton. Schaurig schön und ganz viele Mods auf Rollern …

    http://www.brightonrockmovie.com/

    Schöne Grüße aus Melbourne Dorothée

  • klickerklacker sagt:

    We a' mods, We a' mods, We a' we a' we a' mods…singen die da! Und sting in bestform, so wie du mit in diesem Post!

  • Dein Gegenüber erinnert mich ein bisschen an Elmar Hörig 🙂

  • Mr.Wilson sagt:

    Smilla, schön, dass Du den richtigen Kommentar genommen hast 😉

    Manchmal spielt einem dieses Internet eben einen Streich – und dann sendet man gleich zwei Kommentare nur um sicher zu gehen und weiß beim zweiten nicht mehr, was im ersten stand.
    So ein Online-Leben ist manchmal die Hölle.

    Ansonsten: Ebenfalls verspäteteste Glückwünsche zum Jubiläum!

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