Be happy

 Manch Werktätigem, der sich im Zustand der verzehrenden Sehnsucht nach erhol­samen Urlaubstagen befindet, mag dies ein Trost sein: auch Touristen sind durchaus mit weltlichem Ungemach konfrontiert. Ich weiß das, weil ich von Zeit zu Zeit auf Reisende treffe, deren am offenbarsten zu Tage tretender Grundzustand der folgende ist: die Eile. Stets gilt es Termine ein­zuhalten: der Bus zur Sightseeing-Tour will erreicht werden, die Messe im Dom beginnt sekündlich, die Führung durch die üblichen Kölner Brauhäuser steht an und allerlei solcherlei Gründe treiben die Welten­bummler hektisch voran.
Auch Mrs. M. aus Süd-England hat wenig Zeit, und einen guten Teil dieses kostbaren Gutes verwenden wir  für die Klärung, dass ich „Nein, keine Touristenfotografin“ bin und sie „Nein, kein Geld“ für das Foto bezahlen muss. In schnellstem Englisch erkläre ich sodann mein Ansinnen und schließlich darf ich sie gern fotografieren. Mrs. M. ist 78 Jahre alt, und sie spricht ein wunderschönes Englisch. Sie ist für eine Woche in Deutschland, und mit (Niesel)­Regen kennt sie sich aus. Früher war sie in einem Hotel als Bedienung angestellt, und das Allerwichtigste, vetraut sie mir im Weggehen mit königlich weise anmuten­dem Akzent an, ist „To be happy.“ Ob sie denn glücklich sei, frage ich, die Antwort ahnend: „Oh, yes.“
Many a workers, beeing in a yearning state for restful holidays,  may take comfort in knowing that even tourists have to deal with profane circumstances. I know this, because from time to time I approach travellers, whose  basic situation quite often most obvious is dominated by the following: hurry. Always it is necessary to be on shedule: the sightseeing-bus is leaving in a minute, the mass at the cathedral is about to start, the cologne-brewhouse-tour is coming up and a number of things like this hurry the globetrotters along.
Mrs. M. from South-England also is short of time, and quite a good bit of this time we spend by clarifying that „No, I’m not a tourist-photographer“ and „No, she wouldn’t have to pay“ for the picture. In most quick english I try to explain my request and finally, with pleasure, I may take a photo of her. Mrs. M. is 78 years old and her english tongue sounds wonderful to me. She’s in Germany for one week and she’s very familiar with (drizzle)-rain. In earlier days she was working as a waitress in a hotel and the most important thing in life, she entrusts to me while she walks ahead, with a queenly wise sounding english accent, is „To be happy.“ If she herself is happy, I ask, anticipating her answer: „Oh, yes.“

18 Comments

  • rebhuhn sagt:

    geile klamotten-kombi, mit dem schal. und smilla, du hast wirklich eine tolle art zu fotographieren, die wärme deines blickes liegt immer auf dem/den portraitierten!

    [vielleicht fällt mir das auch nur auf, weil ich dich schon mal hab' gucken sehen? ;)]

  • A-M sagt:

    So schlicht angezogen, aber trotzdem "so besonders".
    (Und mutig – mit weißer Hose und weißen Schuhen bei dem Wetter ;-))

  • Zachia sagt:

    So ein wunderbares Gesicht …

  • Wie recht sie hat – ganz wunderbar!

  • Flora sagt:

    Oh ja, ich glaube auch, dass es am wichtigsten ist glücklich zu sein, denn es schließt alles andere mit ein. Wer krank ist, ist meistens nicht glücklich. Wem die Familie wichtig ist, der ist auch nur mit dieser glücklich. Glück ist so vielfältig, dass diese Aussage immer zutreffend ist, wenn auch für jeden individuell :).

    Liebe Grüße, Flora

  • Anna sagt:

    Ich gehöre zu den Glücklichen, die für gewöhnlich nicht von der "Novemberdepression" (ü)be(r)fallen werden (abgesehen von unabhänging vom Wetter derzeit akutem Sanitätshausdauerärger…kleine Info am Rande) – aber wenn ich so eine Verstimmung hätte, müsste meine Laune sich beim Anblick von Mrs. M. gleich augenblicklich heben – soll heißen: Ich finde sie echt schön! Besonders angetan hat's mir ihr Schal!

    Natürlich freue ich mich für Mrs. M., dass Du, Smilla, "Nein, keine Touristenfotografin" bist und "Nein, kein Geld" verlangst, aber ich denke es immer wieder: Damit Du Dein Brot und bitte gern auch die eine oder andere Serie von erholsamen Urlaubstagen finanzieren kannst, würde ich sofort gern für eine Blogmaut pläddern – äh: plädieren!

  • smilla sagt:

    rebhuhn, vielen dank, was für ein schönes kompliment!

    anna, blogmaut, coole idee, ich hätte nix dagegen 🙂

    Flora, mh, ob das mit dem kranksein so stimmt…vielleicht versteh ich auch nur nicht so richtig, was du damit meinst, aber ich denke auch kranke menschen können glücklich sein, sind glücklich, bloß die sicht aufs glück, bzw was glück bedeutet verändert sich vermutlich.

  • Anna sagt:

    Flora: "Wer krank ist, ist meistens nicht glücklich!" – Das wage ich aus eigener Erfahrung ein wenig zu bezweifeln… Es stimmt sicher, dass im Kranksein das Glück/Glücklichsein gewissermaßen nicht so leicht zu finden ist; wenn man aber die Sinne öffnet, können gerade dann oft schon vermeintlich sehr kleine Dinge sehr glücklich machen! (Nur so eine kleine persönliche Anmerkung…) Liebe Grüße – Anna

  • Mr.Wilson sagt:

    Was für ein schelmischer, wacher Blick einen da trifft, zwischen dem, nun ja, britisch-originell drapierten Schal! Tolles Bild.

  • Mrs. Jones sagt:

    Sie ist schon ein Blickfang. Grüner Mantel mit einem blauen Tuch das mit ähnlichen Notenschlüsseln bedruckt ist. Die weisse Hose ist die Krönung!! Ihr Gesicht ist sehr gütig und friedvoll. Schön!
    L.G.
    Mrs. jones

  • Wibke sagt:

    oh wieso kannte ich deinen blog noch nicht?!?!… ich ärgere mich immer so sehr wenn mir wirklich gutes entgeht! …aber nun bin ich ja da und geh so schnell auch nicht wieder weg! … wie grandios du die gesichter und die personen dahinter einfängst… dieser fund hat meinen tag heute gerettet!
    liebst,
    wibke

  • Wieder mal ein wunderbares Porträt einer sehr interessanten Frau. Deine Kamera hat einen sehr besonderen, liebevollen Blick. Dein Blog mutiert langsam zu einem meiner Lieblingsblogs. Chapeau.

  • smilla sagt:

    Wibke, vielen dank 😉 und auch Susanne, vielen Dank, wie schön, das zu lesen!

    Mr Jones, ich hab sie zuerst nur von hinten gesehen, da hatte es mir besonders ihr Gang und der grüne Mantel angetan, dann noch der Blick und der Schal dazu, da hab ich mich gefreut 🙂

  • Klickerklacker sagt:

    Blogmaut!

    🙂

  • Mary Blue sagt:

    Dieser Blog gefällt mir sehr gut-ich habe ihn in meinem Blog auf der Blogroll aufgenommen. LG

  • Anna sagt:

    Smilla & Klickerklacker: Danke! 🙂

  • Susanne sagt:

    Wie schön! Das "Oh, yes" öffnet mir das Herz! 🙂

  • DiroDesign sagt:

    tolle interessante Frau, da muss man mehrmals hin schauen.

    P. S. Verfolge nun auch schon ein Weilchen diesen Blog und toll toll toll – Vielen Dank, für die Inspiration doch auf der Straße mal genauer zu schauen. Freue mich über viele weitere Bilder.

    Liebe Grüße

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